Er ist der dienstälteste Bündner Jugendarbeiter, zweifacher Vater, passionierter Schlagzeuglehrer und Mitgründer des Jenazer Drum Orchestra. Die Rede ist vom umtriebigen Walter Bstieler.
Nun steht jedoch ein grosser Umbruch in seinem Leben an. Was genau dahinter steckt, lest ihr im GR Heute-Interview.
Walter, schon ein wenig wehmütig, die Jugendarbeit Herrschaft zu verlassen?
Ja, auf jeden Fall. Nach mehr als elf Jahren, viel Einsatz und Herzblut verlasse ich die Jugendarbeit Bündner Herrschaft. Ich durfte viel erleben und konnte eine tolle Institution übernehmen und weiterentwickeln. Das aufzugeben ist nicht einfach und brauchte auch einen Moment der Überwindung.
Wie kam es zur neuen Stelle?
Die Reformierte Kirchgemeinde Klosters Serneus war auf der Suche nach einem Nachfolger für die Stelle als Sozialdiakon. An einer Vorstandsitzung sei mein Name gefallen und der Präsident, Martin Kessler hat mich danach angerufen und mich gefragt, ob ich Interesse hätte, für die Reformierte Kirchgemeinde zu arbeiten.
Es brauchte aber schon noch die eine oder andere Sitzung in denen auch klar definiert wurde, was mein Auftrag sein wird. Schlussendlich kam ich zum Schluss, dass ich bereit für einen Wechsel bin und mir und der Jugendarbeit Bündner Herrschaft ein Wechsel gut tun wird.
Andere werfen nach ein paar Jahren hin, du bleibst der Jugendarbeit erhalten. Was fasziniert dich an der Arbeit mit Jugendlichen?
Ich bleibe der Jugendarbeit erhalten. Jedoch nicht mehr so intensiv wie bis jetzt. Zu meinen Aufgaben kommen noch weitere Bereiche wie unter anderem die Projektarbeit mit Kindern aus der Primarstufe sowie mit jungen Erwachsenen, welche in der Lehre sind.
Mich fasziniert grundsätzlich die Arbeit mit Menschen. Bezogen auf die Jugendarbeit fasziniert mich, dass es grundsätzlich nicht viel braucht, dass die Jugendlichen kreativ werden und sich für ihre Bedürfnisse einsetzen. Ich sehe mich in der Jugendarbeit als Ermöglicher.
Die Jugendzeit ist eine sehr intensive Zeit. Kaum ist man in der Oberstufe, muss man sich für eine Lehre entscheiden. Dazu kommen die vielen Änderungen an- und in Sich. Die erste Liebe, das erste Mal Kontakt mit Alkohol oder mit Zigaretten. Die Frage was ist richtig und was ist falsch? Wer bin ich und wer will ich sein?
Die Jugendarbeit bietet einen Raum in dem solche Dinge besprochen werden können und eine erwachsene Person kontaktiert werden kann ohne die Angst, dass die Eltern kontaktiert werden. In der Jugendarbeit bzw. im Jugendraum können sich die Jugendlichen ausprobieren und Softskills wie Sozialkompetenz, Selbstbewusstsein, Verantwortungsbewusstsein und vieles mehr erlernen.
Die Jugendarbeit bietet aber auch Platz die eigene Kreativität kennen zu lernen oder fördert das Können der Jugendlichen in diversen Projekten.
Zusammengefasst fasziniert mich in der Jugendarbeit das grosse Spektrum, sowie die vielen verschiedenen Ebenen welche die Arbeit mit sich bringt.
Ist die Erziehung deiner Kinder einfacher, da du ja weisst, was alles noch kommen könnte?
Nein. Klar, in gewissen Bereichen weiss ich konkret, was ich will und kann dies auch pädagogisch begründen. Beispielsweise im Bereich der Medienerziehung. Andererseits hinterfrage ich mich in gewissen Erziehungsentscheidungen viel zu sehr, was ich mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht machen würde, wäre ich nicht Sozialpädagoge. Und wer weiss schon, was denn wirklich kommt?
Was sind die besten Erinnerungen an die Jugendarbeit?
Da gibt es sehr viele. Ich durfte in den letzten 11 Jahren viele Projekte mit den Jugendlichen umsetzen. Stolz bin ich auf den Erfolg des Seifenkistenprojektes. Dies starteten wir mit zwei Fahrern und einer Kiste im 2009. Heute sind es elf Fahrerinnen und Fahrer und fünf Kisten. Die Renntage sind immer ein Erlebnis und bleiben mir in guter Erinnerung.
Die Sommerlager im Tessin mit Sprung vom zehn Meter Turm in Locarno oder die Lager in Paris und Berlin waren super. Aber auch lange Gespräche mit Jugendlichen gehören zu den Dingen, an denen ich mich immer gerne erinnern werde.
Wie aktiv bist du eigentlich noch in der Pfadi?
Ich habe vergangenen Dezember mein letztes Amt als J& S Coach der Pfadie Kobra Larein Pragg-Jenaz übergeben. Ich hoffe, dass das nächste Amt, welches ich in der Pfadi übernehmen werde, Vater eines Pfadikindes sein wird.
Es ist mir aber ganz wichtig zu erwähnen, dass es unter anderem die Pfadi war, der ich es zu verdanken habe, dass ich dort bin, wo ich heute stehe.
Wie läufts mit deiner Schlagzeugschule?
Gut. Wir zählen nun 15 Standorte und können auch mit den Schülerzahlen sehr zufrieden sein.
Jugendarbeit, Schlagzeugunterricht, Pfadi, Musik, Familie… Wie bringst du das alles unter einen Hut?
Bevor ich wieder vergesse meine Frau zu erwähnen, muss ich hier klar sagen, ohne meine Frau würde das so nicht gehen.
Die Jugendarbeit sowie die Musik und der Musikunterricht finden hauptsächlich am Abend statt. Da hält meine Frau zu Hause die Stellung. Aber auch dank meinem Beruf habe ich die Möglichkeit zwei Vormittage in der Woche auf meine Kinder zu schauen, an denen meine Frau zur Arbeit geht. Diese Zeit geniesse ich sehr, denn das ist ein Privileg, das nicht jede Familie hat.
Du bist eigentlich aus Davos, dein Lebensmittelpunkt ist aber im Prättigau. Was fasziniert dich am Prättigau, dass du so lange schon da wohnst?
Ich habe dort meine Familie, meine Kollegen und Freunde. Ich finde es schön im Prättigau.
Ich habe jeden Tag einen gewissen Lärmpegel um mich herum. Sei dies im Schlagzeugunterricht oder in der Jugendarbeit. Da bin ich froh, wenn ich nach Hause komme und ums Haus nicht noch ein Riesenlärm herrscht.
Ich sage immer, ich lebe dort, wo andere für viel Geld Ferien machen.
Wie viel Musik machst du eigentlich noch für dich?
In den letzten Jahren wurde es immer etwas weniger, da mich die Jugendarbeit stark in Beschlag genommen hat. Es war nicht immer einfach, die Jugendarbeit und meine Tätigkeit in der Musikgesellschaft Jenaz oder Trimmis zu koordinieren.
Eine Band kam grundsätzlich gar nicht in Frage, denn Gigs sind ja bekanntlich am Freitag oder am Samstag. Ich freue mich auf jeden Fall auf die Zeit, in der ich nicht mehr jeden Freitag den Jugendraum öffnen muss. Vielleicht liegt da auch wieder eine Band drin. Wer weiss…
Kann man dich in naher Zukunft live sehen?
Ja. Am 14. Oktober haben wir mit der Jugendmusik Jenaz unser Lagerkonzert, an dem die Jugendmusikanten und auch Schüler von mir einen Auftritt haben werden.
Ich selber werde voraussichtlich am Vorbereitungskonzert für Montreux, an der Brass Premiere am 18. November in Cazis, hinter der Trommel sitzen.
Zum Abschluss möchte ich mich bei allen Vorstandsmitglieger welche mich über die vergangenen elf Jahre begleitet haben, für ihren Einsatz für die Jugendarbeit und für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanken.