Während 14 Tagen genoss ich meine wohlverdienten Sommerferien 2017 in unseren Nachbarländern Italien und Österreich, genauer gesagt in Prad am Stilfserjoch und in Natters am Natterer See. Nicht etwa Familienhotels oder Familienresort war unsere Unterkunftsform, wir genossen herrliche Tage im Freien in einem geliehenen Wohnwagen von Freunden. Familienferien auf 15 m2 heizbarem Wohn- und Schlafraum, 15 m2 Vorzelt für Kuchen und Essen und tausende m2 für Abenteuer, Spiel, Spass und Spannung.
Man muss Ferien auf dem Campingplatz sicherlich mögen oder sogar lieben, um auf engem Raum auf abparzellierten Flächen, Wohnwagen an Wohnwagen, seine Ferien zu verbringen, die sanitären Anlagen mit allen Nationalitäten und ihren Gewohnheiten zu teilen und sein Familienleben fast öffentlich zu leben. Und ja, es ist spannend und man kann es nicht vermeiden, dass die Nachbarn vom Kindergeschrei über Gerüche der Nahrungsmittelzubereitung bis hin zum Familienstreit so ziemlich alles mitbekommen.
Meine Gedanken drehten sich in diesen Tagen aber nicht um diese Themen, sondern um das Gästepotential, welches die Camper aus allen Ländern in Tourismusdestinationen – hauptsächlich in den Sommermonaten – darstellen könnten, aber meistens noch ein Schattendasein geniessen. Aber überlegen wir uns mal folgendes:
- Für den Kauf eines Wohnwagens von einigermassen wohnlicher Grösse zahle ich – auch gebraucht – zwischen CHF 15‘000 und CHF 50‘000, wenn ich mein Domizil im Wohnmobil bevorzuge, sind es ab CHF 35‘000 aufwärts. Die Miete eines Wohnwagens entspricht ungefähr der Miete einer Ferienwohnung im Winter, also von CHF 1‘000 pro Woche aufwärts. Dazu kommen die Standplatzpreise, Abgaben pro schlafende Person und Strom. Camper als „Billigtouristen“ einzustufen, ist eine völlig falsche Folgerung. Je nach Campingplatz und Klassifikation nach Sternen kommt so eine Ferienwoche teurer als eine tolle Ferienwohnung im Alpenraum. Diese wäre aber wohl komfortabler und bei Regen auch einiges angenehmer.
- Die Camper sind eine völlig durchmischte Gästegruppe. Von 6 Monaten bis 100 Jahre sind wohl alle Jahrgänge auf dem Campingplatz vertreten. Und man versteht einander, akzeptiert die Eigenheiten des Nachbarn (meistens). Und man hilft einander. Gibt es Probleme beim Einparken des Wohnwagens, streiken die vielen Zeltstangen beim Aufbau des Vorzeltes, ist die Gasflasche nach 19 Uhr leer? Man unterstützt einander unabhängig von Nationalität, Alter oder Sympathie!
- Und es gibt wohl keine Nationalität, die auf einem Campingplatz nicht vertreten ist. Holländer auf der Durchreise, Schweizer auf Heimaturlaub, Italiener zur Steinpilzsuche, Deutsche zur Erholung. Gemischt mit Spaniern, Österreichern und und und… und die meisten wurden nicht vom Campingplatz angeworben, sondern haben „nur“ im Campingführer (ADAC) nach ihrer gewünschten Klassifikation sowie der Region gesucht.
- Die Klassifikation und die Infrastruktur auf einem Zeltplatz ist für den Camper enorm wichtig. Nicht nur die sanitären Einrichtungen, Stellplätze, Stromanschlüsse, Wasser/Abwasser, sondern auch Kabelfernsehen sind Diskussionsthemen. WLAN ist noch nicht überall gratis oder erhältlich, Camper nehmen’s gelassen und beobachten ihre Community vor Ort und nicht auf dem Smartphone. Und online den eigenen Platz buchen? Fehlanzeige! Man telefoniert oder schreibt Mails, man fährt an die Rezeption, fragt nach Platz und wenn keiner frei ist, fährt man weiter. So werden freie Plätze kurzfristig auch für nur eine Nacht verkauft.
Mein Fazit aus diesen Ferien ist, dass wir Touristiker den Campingtouristen mehr Aufmerksamkeit schenken sollten. Unterstützen wir unsere Campingplätze bei der Vermarktung innerhalb der Region, prüfen wir, ob unsere Angebote auch an die Gäste gelangen, schauen wir mit kantonalen Mitteln, ob z.B. Buchungsplattformen oder ähnliches gemeinsam betrieben werden könnten, prüfen wir die Qualität der Plätze und gehen in den Austausch.
Und eines ist sicher, ich und meine Familie sind in den nächsten Sommerferien wieder mit dabei! Diesmal vielleicht mit dem eigenen Wohnwagen.
Die Tourismusrunde von GRHeute berichtet und kommentiert einmal wöchentlich über aktuelle Tourismusthemen für Graubünden. Unverblümt und direkt von der Front. Heute: Bruno Fläcklin, Geschäftsführer der Ferienregion Lenzerheide.
(Bild: Camping Surcuolm/graubuenden.ch/GRHeute)