Ein überparteiliches bürgerliches Komitee «Generationenallianz Graubünden gegen die AHV-Scheinreform» hat gestern in einer Medienkonferenz die «Rentenreform 2020», über die am 24. September abgestimmt wird, mit harten Worten kritisiert.
Die Leserbrief-Spalten sind seit Wochen gefüllt mit Pro und Kontra zur Rentenreform 2020. An der gestrigen Medienkonferenz hatten die bürgerlichen Parteien ein Heimspiel. «2016 schliesst die AHV mit einem negativen Ergebnis von 766 Millionen Franken. Bereits 2030 fehlen 3 Milliarden Franken», so die Gegner der Vorlage in einer Medienmitteilung, «trotz markanten Erhöhungen von Mehrwertsteuer um 0,6 Prozent und Lohnbeiträgen um 0,7 Prozent wird die Annahme der unterfinanzierten Ausbauvorlage mittelfristig wieder grosse Löcher in die AHV-Kasse reissen und den Druck zu weiteren Reformen mit zwangsläufig einschneidenden Sanierungen erhöhen. Nachher wird es viel dramatischer, weil die Babyboomer-Jahrgänge einerseits in Pension gehen und andererseits für die Finanzierung fehlen. Babyboomer werden zu Rentnerboomern.»
«Weder gerecht noch sinnvoll und schon gar nicht sozial»
Für die Gegner ist der Ausbau der AHV, über den am 24. September abgestimmt wird, eine «Scheinlösung, die jegliche Nachhaltigkeit vermissen lässt». Die vorgesehenen höheren Lohnbeiträge seien Gift für den Wohlstand, da Mehrwertsteuererhöhungen vor allem den Mittelstand, weniger Verdienende und Alleinerziehende belasteten. Die Reform gefährde aber auch den Zusammenhalt zwischen den Generationen. Auf der Verliererseite stünden die bisherigen Rentner und die Jungen. Beide müssen für den AHV-Ausbau eine spürbare Erhöhung der Mehrwertsteuer verkraften: «Für bisherige Rentner umso bitterer, da sie keine Rentenerhöhung und weiteren Privilegien erhalten. Bisherige Rentner werden zu Zweitklasserentnern. Ganz anders die Neurentner: Auch wer in besten finanziellen Verhältnissen lebt, bekommt eine Rentenerhöhung von 70 Franken, reiche Ehepaare sogar bis zu 226 Franken». Diese Reform sei weder gerecht noch sinnvoll und schon gar nicht sozial. Die grössten Lasten würden den Jungen und nachkommenden Generationen aufgebürdet.
Auch die versammelte Polit-Prominenz liess am Anliegen der SP und der CVP kein gutes Haar. Für FDP-Ständerat Martin Schmid ist das Anliegen falsch: «In den nächsten 10 Jahren gehen eine Million Menschen in Rente. Vor dem Hintergrund dieser demographischen Entwicklung ist der vom Parlament beschlossene Ausbau der AHV unverantwortlich.» Es könne nicht sein, dass die nächste Reform darin bestehen müsse, die Fehler der aktuellen zu korrigieren.
«Die kommenden Genrationen zahlen die Zeche»
Sein Parlamentskollege Heinz Brand, Nationalrat der SVP, kritisiert, dass bei einem Ja vor allem die nächsten Generationen die Zeche zu bezahlen hätten: «Trotz der hohen Reformkosten wird die Altersvorsorge mit dieser Vorlage nicht gesichert für sie. Im Gegenteil: Mit der ungerechten AHV-Reform schlittert die AHV noch tiefer in die Krise. Es sind unsere Kinder und Enkel, die für diese missratene Reform bezahlen müssten.» Manuela Fetz, Co-Präsidentin der Jungen FDP Graubünden, präzisiert in ihrem Beitrag: «Mit der vorliegenden ‹Reform› bleibt das massive Defizit der AHV praktisch auf demselben Niveau. Denn trotz oder gerade wegen der Reform würde das Umlage-Ergebnis der AHV (Ausgaben minus Einnahmen) bereits im Jahr 2027 wieder negativ sein. Man bastelt also fast ein Jahrzehnt lang an einer Vorlage, die nach Inkrafttreten nur für wenige Jahre die finanziellen Sorgen vertreibt. So weit, so besorgniserregend. Schaut man in die Zukunft, zeigen die Zahlen des Bundesamtes für Sozialversicherungen, dass die AHV in knapp 20 Jahren 12 Mrd. Verlust schreiben würde. Das ist unverantwortlich gegenüber den kommenden Generationen.»
Für die BDP nahm Grossrat Heinz Dudli Platz am Medientisch. Der Präsident Handelskammer und Arbeitgeberverband Graubünden stört sich daran, dass die Befürworter die Vorlage als gutschweizerischen Kompromiss «verkauften»: «Das ist Zwängerei erster Güte. Mitte-Links will den als Rentenreform getarnten Betrug an Alt und Jung bei den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern durchwürgen wie zuvor im Parlament. Der Preis dafür ist zu hoch.»
Die Befürworter kommen vor allem aus dem linken Spektrum, die SP ist die grosse Treiberin der Vorlage. Unterstützt wird sie insbesondere von der CVP. Auf GRHeute hatten sich in den letzten Wochen bereits die Befürworter, SP-Politiker Jon Pult und CVP-Nationalrat Martin Candinas, zur Vorlage geäussert. Nach aktuellen Trends wird am 24. September ein sehr knappes Ergebnis erwartet.
(Quelle/Bild: zVg.)