Nur gerade 30% der heutigen Lernenden geben an, nach der Lehre in der Hotellerie oder Gastronomie verbleiben zu wollen. Das sind die ernüchternden Ergebnisse des „Lehrlingsbarometer 2017“ [1], einer repräsentativen Umfrage der Hotel- und Gastro Union. Dieses Jahr haben 5‘600 Lernende aus der ganzen Schweiz aus verschiedenen Berufen des Gastgewerbes teilgenommen – und sie bereiten mit ihren Absichten, die Branche zu verlassen, erhebliches Kopfzerbrechen. „Verheerend“ und „erschreckend“ wird die Situation genannt. Max Züst, Direktor der Hotel & Gastro Formation, braucht deutliche Worte: «Das ist eine Investition ohne Nutzen». Die Branche investiere in die Ausbildung von dringend benötigtem Nachwuchs und, wenn die Lehrlinge endlich gut ausgebildet seien, würden sie in andere Sektoren abwandern.
Doch damit nicht genug: Auch die Lehrlingszahlen im Gastgewerbe gehen Jahr für Jahr zurück. Gab es 2010 noch 10‘122 Lernende im Gastgewerbe, so sind es 2016 lediglich 8‘308 [2]. Die demografische Entwicklung wird hier als einer der Gründe genannt. Doch das alleine ist sicherlich nicht Erklärung genug. Die Attraktivität von Berufen in der Hotellerie und Gastronomie leidet zum Teil unter einem angeschlagenen Image, der Lohn ist im Schweizer Branchenvergleich tief und die Arbeitszeiten oftmals unregelmässig. Doch diese Dinge sind nicht neu; sie haben sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Es ist ein anderer Punkt, welcher zu denken geben sollte: Laut dem „Lehrlingsbarometer 2017“ finden hohe 14% der Lernenden, dass das zwischenmenschliche Klima in den Betrieben schlecht sei, weitere 20% bezeichnen es als „genügend“. Bereits in früheren Umfragen wurden ähnlich hohe Werte in Bezug auf das Arbeitsklima festgestellt. Anders als bei den anderen Faktoren, hat hier jeder Hotelier, jede Hotelière und jeder Wirt, jede Wirtin die Möglichkeit, das interne Arbeitsklima zu gestalten und zu beeinflussen. Es geht um Wertschätzung und Anerkennung. Es geht darum, die Mitarbeitenden zu Mitunternehmern zu machen, sie ernst zu nehmen und sie einzubinden. Das hat mit partizipativen Führungsstrukturen und Personalprozessen, aber auch mit Empathie und Engagement der Kadermitarbeitenden als Vorbilder und Kollegen zu tun. Und was diese Dinge anbelangt, ist jeder Betrieb selber in der Pflicht, seine Hausaufgaben zu machen. Kleine Dinge bewegen hier viel. Angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels in der Branche bleibt den Betrieben auch gar keine Wahl: Es muss jede Möglichkeit ergriffen werden, um sich als Arbeitgeber attraktiv zu präsentieren. Nur dann gelingt es, qualifiziertes Personal längerfristig zu binden und somit eine top Servicequalität erbringen zu können. Denn nichts Geringeres erwartet der Gast, wenn er sich „teure“ Ferien in der Schweiz leistet.
[1] https://www.hotelgastrounion.ch/de/hgu/lernende/lehrlingsbarometer-2017/
[2] Quelle: Bundesamt für Statistik
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