Die Online Travel Agencies (OTA) haben in den letzten 15 Jahren das Hotellerie-Geschäft komplett auf den Kopf gestellt. Für die Kunden bieten sie tiefe Preise und zusammen mit den Gästebewertungen eine hohe Markttransparenz. Für die Hotels aber sind sie potenter Vertriebskanal einerseits und Kostentreiber andererseits. Mit steigender Marktmacht haben die OTA die Hotellerie immer stärker in die Mangel genommen. Mit teils horrenden Vermittlungsgebühren und Knebelverträgen halten sie selbst grosse Hotelkonzerne im Würgegriff.
Nun droht der Hotelriese Hyatt dem OTA Expedia ganz offen damit, sich nicht mehr durch expedia.com und deren Partner hotels.com, Travelocity, Orbitz, Hotwire und Hotwire Opaque, Wotif und Expedia Affiliate Network vermitteln zu lassen. Bei dem seit Monaten schwelenden Streit geht es um die Vermittlungskonditionen.
Im Ringkampf «Hotelriese gegen Internetgigant» ist Hyatt ganz klar der kleinere der beiden Kämpfer. Ob der Hotelkonzern seine Drohung je wahrmachen wird, oder ob er damit nur die Verhandlungen beeinflussen will, ist noch unklar. Allein die Tatsache, dass sich jemand getraut, gegen die OTA aufzumucken, lässt aber aufhorchen.
Sollte Hyatt tatsächlich bei Expedia aussteigen, könnte das Nachahmer finden. Für die OTA könnte das zum Problem werden. Wenn grosse Hotelkonzerne dereinst nicht mehr über die bequemen Plattformen buchbar wären, würden die Gäste ihnen wohl den Rücken kehren. Umsätze, Margen und Börsenkurse würden schnell ins Bodenlose fallen.
Graubünden ist nicht Hyatt
Könnte – würde – möchte – und was heisst das für Graubünden? Welche Auswirkungen könnte der Kampf in Amerika auf unsere Hotellerie haben? Graubünden ist nicht Hyatt, Graubünden kann auf die OTA vorerst nicht verzichten. Denn selbst, wenn sich alle Betriebe Graubündens oder der Schweiz gemeinsam gegen alle OTA stemmen würden, würden diese das wohl nur mit einem Lächeln quittieren.
Sollte der Kampf von Hyatt aber dereinst Spuren in der Landkarte der OTA hinterlassen, könnte es durchaus sein, dass in Zukunft fairere Konditionen für die Hotels und damit auch für Bündner Betriebe möglich würden. Die Anbieterseite müsste dazu ihre Macht ergreifen und auch ausüben. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Für «Marktzwerge» wie uns sowieso.
Hilfe könnte aber von den Gästen kommen: gerade in der Schweiz haben viele von ihnen gemerkt, welches Spiel die OTA mit den Hotels spielen. Wenn die Gäste keine Nachteile erfahren, sind sie gern bereit, ihre Zimmer direkt bei den Hotels oder über einheimische Plattformen – etwa der Destinationen – zu buchen. Für unsere Hotels gilt deshalb die Maxime, dass sie um eine Bestpreis-Garantie nicht herumkommen. Trotz tieferer Endpreise können sie damit die Vermittlungsprovisionen an OTA sparen und dadurch letztlich mehr Geld verdienen.
Wir Touristiker sind gefordert, unsere Rolle als Vermarkter und Verkäufer noch besser mit der Hotellerie und den anderen Leistungsträgern abzustimmen. Zusammen mit ihnen müssen durchgängige Online-Strategien entstehen, die sich an den Bedürfnissen der Gäste orientieren und diese vom ersten Google-Suchresultat über regionale Informationen und konkrete Angebote für die verschiedenen Interessensgruppen bis hin zur Buchung von Hotel, Sport- und Bahnangebot oder Bike- und Skimiete auf lokalen Plattformen halten. Wenn die Angebote und die Preise stimmen, kann das durchaus gelingen. Statt in Holland oder dem Silicon Valley würde damit wieder etwas mehr Wertschöpfung in Graubünden verbleiben.
Ich drücke Hyatt die Daumen.
Hyatt gegen Expedia: Die Meldung der New York Post dazu.
Die Tourismus-total-Expertenrunde von GRHeute berichtet und kommentiert einmal wöchentlich über aktuelle Tourismusthemen für Graubünden. Unverblümt und direkt von der Front. Heute: Reto Branschi, CEO Destination Davos Klosters.