Nino Schurter wird nicht Bündner Sportler des Jahres

Seit 25 Jahren ehrt der Bündner Verband für Sport den Sportler, den Newcomer, den Verein, Funktionär und den Behindertensportler des Jahres. Eine gute Sache, mit einem Haken: Nicht jeder Bündner Sportler hat die Chance auf die Trophäe, selbst wenn er an den Olympischen Spielen in Rio die Goldmedaille gewonnen hat.

Nüchtern betrachtet war Nino Schurters Olympia-Goldmedaille wohl das Bündner Einzel-Sport-Highlight im letzten Jahr. Um «Bündner Sportler des Jahres» zu werden reicht dies aber nicht. Denn die Regeln sind eindeutig: Man kann den Preis nur einmal gewinnen. Das eliminiert den Mountainbike-Star, der die Bündner Auszeichnung vor sieben Jahren – nach seinem ersten WM-Titel – gewonnen hatte. Seither hat der Churer drei weitere WM-Titel und den Olympiasieg angehäuft. Auch andere Sportgrössen wie Dario Cologna, Carlo Janka, Elias Ambühl, Nino Niederreiter oder der letztjährige Gewinner, der Freeskier Andri Ragettli, können nicht mehr «Bündner Sportler des Jahres» werden. 

Das diesjährige Feld an Kandidaten ist allerdings auch ohne Schurter & Co. hochkarätig. Entscheidend ist für die Wahl übrigens nicht das Jahr 2016, sondern die Leistungen in der Zeitdauer von Sommer 2016 bis heute. Die Finalisten und die GRHeute-Prognose im Überblick:

Der Favorit

Schwinger-Ass Armon Orlik steigt nach seiner grossen Saison, dem fantastischen Auftritt am Eidgenössischen und der (bis zu seiner Verletzung) perfekten Frühjahrssaison verdientermassen als Favorit ins Rennen. Der «König der Herzen», wie der ‹Blick› den Maienfelder nannte, wäre zweifellos ein würdiger Sieger. Mit seiner Schlussgang-Teilnahme in Davos hat der Maienfelder die Schweizer Schwingfans am letzten Sonntag bereits bei seinem Comeback wieder begeistert. 

Die Herausforderer

Die ehemalige Spitzenlangläuferin und Olympiateilnehmerin Jasmin Nunige ist schon lange als herausragende Läuferin bekannt und hat auch letztes Jahr Marathon-, Trail- und Ultratrail-Rennen in Schweden, Norwegen, Frankreich und der Schweiz gewonnen. Die 43-jährige, zweifache Mutter aus Davos wäre sicher eine würdige Siegerin, ist aber ausserhalb der Läuferszene vielleicht zu wenig bekannt.

Snowboarder Nevin Galmarini ist ebenfalls ein heisser Tipp auf den Sieg: Ende Januar im slowenischen Rogla kletterte der Olympia-Silbermedaillengewinner von Sotschi 2014 erstmals zuoberst auf ein Weltcup-Podest, bei der WM in Sierra Nevada holte er anschliessend Bronze. Aus sportlicher Sicht sicher ein mehr als vertretbarer Sieger.

Die Aussenseiter

Bündner Sportlerin des Jahres werden kann auch Skifahrerin Jasmine Flury. Dies überrascht auf den ersten Blick, war sie letztes Jahr doch verletzt und fuhr nur gerade zwei Rennen – der Stern der Davoserin ging dafür in der Frühjahrssaison 2017 so richtig auf. Der grosse internationale Coup lässt aber noch auf sich warten. Die grosse Zeit der 23-Jährigen wird in den nächsten Jahren kommen – als Athletin und als Bündner Sportlerin des Jahres.

Auch Flurys männlicher Ski-Kollege Mauro Caviezel profitiert in erster Linie von der Frühjahrssaison 2017, vor allem von der überraschenden Bronzemedaille im begeisternden WM-Super-G von St. Moritz. Immerhin fuhr der Beveriner im vergangenen Jahr auch sonst dreimal in die Top 10 (7., 8., 9.). Bronze an der Heim-WM – sicher ein Karriere-Highlight. Aber ob das gegen die starke Konkurrenz reicht?

Die Nomination von Unihockey-Goalie Martin Hitz ist eine schöne Geste, sportlich aber etwas fragwürdig. Der 34-jährige Goalie von Alligator Malans gewann in seiner letzten Saison weder Meistertitel noch Cupsieg und ist der einzige nominierte Teamsportler für die Einzelwertung. Hitz ist sicher ein grosser Sportler in der Unihockey-Welt, eine Legende bei Alligator Malans, und hat jede Würdigung verdient. Angesichts der Konkurrenz wird es aber schwierig für den Prättigauer – und interessant zu beobachten, wie die «Anerkennungsnomination» von der Jury und dem Publikum beurteilt wird.

Welche Überraschung die Bündner Sportnacht bereit halten wird, erfährt man heute Abend im GKB-Auditorium in Chur. Auch, welche Sportler und Vereine ihr Umfeld am erfolgreichsten zum Voten animieren konnten. Zu den Nominierten in den fünf Kategorien geht es hier

Nino Schurter wird es jedenfalls nicht sein. Vielleicht wäre es an der Zeit, die Sportnacht um eine neue Kategorie eines «MVP» zu erweitern (bitte mit passenderem Namen). Verdient hätte dies unser Olympiasieger aus Graubünden auf jeden Fall – es geht schliesslich darum, wer in den letzten 12 Monaten «Bündner Sportler des Jahres» war.

 

 

(Bild: zVg.)