Grüscher Schüler zwingen Grossräte in die Knie

Einmal im Jahr dürfen sich die Grossräte der Prüfung stellen und sich im Rahmen der Aktion «Bisch fit?» als Vorbilder präsentieren. Ihre Konkurrenz diesmal: 18 Primarschüler aus Grüsch.

Den ganzen Tag sitzen, man weiss es, schadet dem Körper und der Psyche. Wieviel besser, man weiss es ebenfalls, wäre es, den Tag mit Sport zu beginnen! Darum gibt es einmal im Jahr das Early-Bird-Bootcamp für die Grossrätinnen und Grossräte. Die Aktion wird intiiert von der Parlamentarischen Gruppe für Sport und graubündenSPORT und dem Gesundheitsamt, das auch Träger des Programms «Bisch fit?» ist.

«Bisch fit?» ist ein Brand, den die Kinder in Graubünden schon im Kindergarten kennen lernen: In bewegten Schulen und Purzelbaumkindergärten gehören die Bewegungspausen dazu wie der an jedem Kühlschrank festgepinnte Znüniliste. Dessen Inhalt kennt jedes Kind in Graubünden auswendig und erinnert bei Bedarf auch die Eltern daran. Wehe, in der Box steckt was, das nicht auf der Liste steht!

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Auf der Quaderwiese kommen an diesem frühen Morgen kurz vor den Sommerferien mehrere Faktoren zusammen: Primarschüler aus Grüsch, Grossrätinnen und Grossräte und das Team des Gesundheitsamtes. Ihre Fitness-Levels sind unterschiedlich, aber alle stehen in Turnschuhen und gebrandeten Shirts da. Vor ihnen, quasi als Belohnung, stehen die Znüniboxen für danach, gefüllt mit  gesunden Brötli, Birchermüesli, Käse und Tomaten.

40 «Hardcore-Sportler»

«Bisch-fit?»-Programmleiter Hanspeter Brigger, der seinen Brand auf allen Ebenen lebt, freut sich über 40 «Hardcore-Sportler, die teilweise schon das achte Mal dabei sind.» Am stärksten vertreten sind SP und FDP mit 6 Frühsportlern, gefolgt von der Mitte: die CVP tritt mit fünf Vertreterinnen und Vertretern an. Die BDP bringt es auf vier, die GLP auf einen Sportler. «Für uns sind das Botschafter in den Regionen, die uns in den Gemeinden helfen, sich für Bewegungsräume und unsere Anliegen einzusetzen», sagt Hanspeter Brigger.

Der Event wird zum achten Mal ausgetragen, zum dritten Mal ist eine «Bewegte Schule» aus dem Kanton dabei. Diesmal: Die Viert- und Fünftklässler von Lehrer Urs Giger. Die Schülerinnen und Schüler haben einen strengen Tag vor sich – am Abend müssen sie noch ein einstudiertes Theater zum Thema Afrika aufführen.

Um 6.40 Uhr winken aber erst einmal 30 Minuten Frühsport. «Eine halbe Stunde Bewegung mit erhöhtem Puls wie zum Beispiel Treppensteigen wäre ideal», sagt Hanspeter Brigger. Damit die auch niemand verpasst, beginnen Adrian, Lorena, Gina, Iska und Rebecca mit dem Vorturnen. «Bauchkreisen wie eine Bauchtänzerin», machen sie vor, «aber den Kopf gerade halten». Dann wird die Fitness-Kampfzone ausgeweitet: Einmal Joggen um den Platz, Liegestützen und Treppen laufen. Wie in einem echten Bootcamp, aber jeder auf seinem Niveau.

Als es Zeit ist fürs Frühstück, sind einige der Anwesenden schon über zwei Stunden wach. Das ist länger als an einem gewöhnlichen Tag. Dennoch bereut keine und keiner das frühe Aufstehen: «Mir ist Bewegung wichtig», sagt Silvia Casutt, FDP-Grossrätin aus Falera. Bei Lehrer Giger kommen Heimatgefühle hoch: «Ich bin ins Quaderschulhaus zur Schule«, sagt er und erzählt, wie sie als Buben auf dem Weg zur Turnhalle auf die für Mädchen reservierte Terrasse linsten, um einen Blick aufs andere Geschlecht zu erhaschen.

Lieber Frühsport als Mathe und Realien

Mit dem Frühstück ist der erste Teil des «Bisch-fit?»-Programms zu Ende. Für die Schüler geht es auf den noch geöffneten Quaderspielplatz, wo sie die in der Znüni-Box vorhandene getankte Energie wieder ein wenig abbauen. Der nächste Programmpunkt um 9.45 Uhr bringt wieder einige Faktoren zusammen: Gesunder Pausensnack für die Parlamentarier, präsentiert von einigen Grüscher Primarschülern. Sie tragen Kleider von früher – ausgeliehen im Fundus in Grüsch.

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Andere Kinder tragen noch immer Sportklamotten und zeigen den Parlamentariern, wie man sich als bewegte Schüler in den Bewegungspausen bewegt. Das Spielzeug ist überall dasselbe: Rola-Bola, Springseile, Frisbees. Vieles hat mit Gleichgewicht zu tun. Und da zeigt sich: Die Parlamentarier könnten von den Kindern noch viel lernen.

Hanspeter Brigger und seine «Bisch-fit?»-Crew sind mit dem Anlass zufrieden. «Wir wollen zeigen, wie wichtig Bewegung für alle Generationen ist. Das zeigen uns auch diese Anlässe, an denen alle Beteiligten immer viel Spass haben», sagt Hanspeter Brigger. Einziger Wermutstropfen: Grossrätin Heidi Clalüna stürzte beim Versuch, auf ein Rola-Bola zu steigen und wurde dabei an der Schulter verletzt.

Und die Kinder? Sie haben dank des Morgens in Chur Mathe, Deutsch, Realien und Sport verpasst. Was ist besser? «Ganz klar Sport!», ist die einhellige Meinung.

Jedes sechste Kind übergewichtig

Das Gesundheitsamt des Kantons Graubünden ist mit Graubünden bewegt in allen Generationen präsent. Das letzte Projekt ist «Generation 66+», mit dem ältere Menschen in Zusammenarbeit mit der RhB und der GKB zu Spaziergängen im Kanton animiert werden. Ausserdem wird seit 2008 das BMI-Monitoring bei Schulkindern durchgeführt, das seit der Erhebung einen leichten Rückgang feststellt. Dennoch ist noch immer jedes 6. Kind in Graubünden übergewichtig. Das zeigt gemäss Hanspeter Brigger auch, wie wichtig derartige Programme sind – selbst in einem Kanton, in dem Sport gross geschrieben wird.

(Text und Bilder: Rachel Van der Elst, Videos: On Air Production Zizers)