Anlässlich der April-Session des Bündner Grossen Rats wurde der Auftrag Thöny betreffend Poststellenschliessungen diskutiert. Praktisch alle Voten appellieren an den ‘Service public Auftrag’ der Post, beklagen den allgemeinen Einzug der Dienstleistungswüste und somit den unvermeidbaren Exodus aus der Peripherie und damit in letzter Konsequenz der eigentliche Niedergang unseres Graubündens.
Wie andere Betriebe müssen auch Dienstleister ihre Geschäftsmodelle überdenken und anpassen, falls sich, entweder die Kundenbedürfnisse oder die Art wie diese befriedigt werden können, verändern. Beispiel Post: Praktisch der gesamte Grosse Rat ist mit Tablets inkl. Dropbox ausgerüstet. Dies hat zur Folge, dass das Ratssekretariat viele Dokumente nicht mehr 120fach druckt, 120fach verpackt und 120fach per Post verschickt. Beispiel Migros: Im Neueröffneten in Davos Platz besteht die ‘self-scanning-Option’. Das heisst, ich kann die Produkte im Laden selber scannen, einpacken und vor dem Verlassen ohne mit irgend jemandem zu sprechen bezahlen. Beispiel Sportgeschäft: Das eigentliche Verkaufsgeschäft ist in den letzten 5 Jahren eingebrochen. Es besteht ein Überangebot, Margendruck und nebst dem physischen Laden sind Produkte über x andere Kanäle erwerbbar.
Zu meinem persönlichen Missfallen hat die Post ihr Angebot bereits vor einiger Zeit um u.a. Kiosk- und Papeterie-Artikel ergänzt. Für Letzteres hab ich aufgrund der Nähe der Produkte zu Postdienstleistungen noch mehr Verständnis als für Ersteres. Die mir aus den neben dem Schalter angebotenen Süsswaren entstandenen Differenzen mit meiner 2-jährigen Tochter, machen die Abwicklung der Postgeschäfte sehr mühsam. Ob die ‚self-scanning’ Einrichtungen einem Kundenbedürfnis entsprechen, kann ich nicht beurteilen, dass sie hingegen ein neues Schaffen, bezweifle ich nicht. Die Sportartikel-Branche kenne ich aus eigener Tätigkeit bestens und bin unter Druck mein Geschäft den neuen Rahmenbedingungen anzupassen.
Und ich?: Ich bin wie viele andere auch ein Teil unserer Gesellschaft und damit ein Konsument, der seine Bedürfnisse mit wenig Aufwand, viel Bequemlichkeit und kleinem Zeitaufwand befriedigen möchte, damit ich möglichst viel Zeit für meine Selbstverwirklichung habe. Genau deshalb bin ich ein Teil des sich wandelnden Konsumverhaltens, welches die Angebote – auch die der Post – mitbestimmt.
Beurteile ich die Situation aus Anbieter- oder aus Kundensicht? Ein hypothetischer Rollentausch täte dem einen oder anderen Votum, nicht nur in der Grossrats-Debatte, gut.
Das Politforum auf GRHeute besteht aus 12 PolitikerInnen aus Graubünden. Jeden Donnerstag nimmt eine/r zu einem aktuellen Thema Stellung.
(Bild: GRHeute)