Die RhB-Kunden sind zufrieden, die WM-Extrazüge in Sachen Auslastung und Akzeptanz ein Erfolg. Doch hinter den Kulissen brodelt es: Viele Lokführer sind unzufrieden und am Limit. Die RhB wiegelt ab: «Die Unzufriedenheit der Lokführer ist ein schweizweites Phänomen.»
Die RhB hat dieser Tage nur Gutes zu berichten. Die Kundenzufriedenheit ist hoch, wie eine Umfrage im letzten Sommer und Herbst ergeben hat. Insgesamt erhält die RhB die Note 4,2 auf der 5er-Skala und konnte sich damit auf ihrem Niveau halten. Auch die Extrazüge an die WM waren ein voller Erfolg: Am Spitzenwochenende vom 11. und 12. Februar transportierte die RhB über 27’000 Passagiere.
Dieser Erfolg hat aber auch seine Schattenseiten – die Lokomotivführer sind nämlich am Limit. «Das Problem ist, dass es nicht mehr ein Geben und Nehmen, sondern fast nur noch ein einseitiges Nehmen ist», heisst es von seiten der Lokführer. «Nehmen», das heisst aus Sicht der Lokführer konkret: Zehn Tage am Stück arbeiten und womöglich aus den Ruhetagen geholt zu werden, weil buchstäblich Not am Mann ist.
Die so erhaltenen Überstunden können die Lokführer kaum mit zusätzlicher Freizeit kompensieren, sondern müssen es sich in den allermeisten Fällen auszahlen lassen. Gesetzlich erlaubt wären 14 Tage am Stück. Seitens der RhB heisst es dazu: «Die Arbeitszeiten wie auch die Anzahl an Ruhetagen wurden in unserem Firmenarbeitsvertrag FAV – mit Einverständnis der Gewerkschaften – festgelegt. Diese werden mehr als eingehalten.»
Das Problem hat einen Namen: ausgetrockneter Stellenmarkt. Ein Problem, das laut dem Generalsekretär der Eisenbahnergewerkschaft SEV, Peter Peyer, nicht nur die RhB betrifft. «Lokomotiv-Führer hat seinen Glanz als Traumberuf verloren.» Die Gründe dafür: Unregelmässige Arbeitszeiten und ein ständig erweiterndes Pflichtenheft.
Bei der RhB kommt erschwerend hinzu, das ein Lokiführer beispielsweise bei den SBB bis zu 1000 Franken mehr bei entsprechendem Dienstalter verdient. Das Lohnmaximum bei der SBB ist rund 4000 Franken höher als bei der RhB. Unterschiede zu Gunsten RhB oder SBB kann es aufgrund von Berufserfahrung und Alter geben. «Wer gut im Job ist, kann sich die Stellen aussuchen. Da kann die RhB unter Umständen nicht mithalten», sagt Peter Peyer. Auch dass die RhB über ein viel schöneres und interessanteres Streckenprofil als viele andere Eisenbahnunternehmen fahren, nutzt nur bedingt.
Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich, dass das Problem bei der Führung liegt. «Es sind Theoretiker am Werk, die immer wieder zu Ungunsten der Lokomotivführer optimieren und mit diversrsen internen Vorschriften diese bis zur Unzufriedenheit bevormunden. So wird der Dienst immer belastender. Die Störungen an den Lokomotiven haben zugenommen, was für die Lokiführer zusätzliche Stresssituationen ergibt.» Dieser Aussage widerspricht die RhB: «Die Führungskräfte haben durchwegs alle langjährige praktische Berufserfahrung – mehrheitlich waren sie selbst lange als Lokführer tätig». Tatsächlich muss auch Peter Peyer seitens der Gewerkschaft immer wieder mal schlichten. «Es gibt Verbesserungsbedarf in der Kommunikation. Nicht alles, was die Führung beschliesst, ist schlecht. Aber es wird oft so übermittelt, dass ein ungutes Gefühl zurück bleibt.»
Yvonne Dünser, Mediensprecherin der RhB, verweist diesbezüglich auf die Mitarbeiterzufriedenheit – «die ist allgemein sehr hoch. Im Geschäftsbereich, welchem auch die Lokführer unterstellt sind, ist sie gut. Die eine Hälfte der Nichtlokführer ist sehr zufrieden, die Lokführer etwas weniger, was einer durchschnittlich guten Zufriedenheit entspricht.» Dass die Zufriedenheit der Lokführer unterdurchschnittlich sei, sei ein schweizweites Phänomen und nicht nur bei der RhB der Fall. «Das kann verschiedene Gründe haben, sicher aber liegt es auch an der Tatsache, dass der Beruf des Lokführers anspruchsvoller und der Fahrplan dichter geworden ist», sagte Yvonne Dünser.
Gemäss der Mediensprecherin wurden schon vor der letzten Mitarbeiterzufriedenheitsumfrage im Jahr 2015 Massnahmen definiert, um die Zufriedenheit der Lokiführer zu steigern. «Bisher leider ohne den gewünschten Erfolg bei den Lokführern.» Dafür könnte es vielleicht bald Entlastung geben: Für das Jahr 2017 konnten 24 neue Lokführer rekrutiert werden.
(Bild: RhB)