Marco und Gian-Luzi sitzen am Stammtisch bei Frieda. Wildmannli ist auch da. So, irgendwie.
Gian-Luzi: So, jetzt geht’s also los mit dem Olympia-Wahlkampf. Die Plakate hängen, die Meinungen sind gemacht.
Marco: Da bin ich mir noch nicht so sicher. Könnte ein Eigengoal für die Gegner werden. Der Hälfte der Bündner an den Kopf zu werfen, wir seien blöd!
Gian-Luzi: Es wird nicht die Hälfte sein, Marco.
Marco: Ach, sei still! Dass euch nicht in den Kopf will, dass Graubünden so am Arsch ist und wir dieses Ding brauchen?! Dass unsere Täler draufgehen und bald gar kein Junger mehr da wohnen wird?!
Gian-Luzi: Du kennst doch Rolf Schmid?
Marco: Was?
Gian-Marco: ‹I mag eifach nid›. Kapisch?
Marco: Was? Echt? Das ist alles, was du zu sagen hast?
Gian-Luzi: Naja, ich habe genau so eine Stimme am 12. Februar wie du. Das heisst, wir müssten eigentlich gar nicht abstimmen gehen. Wir heben uns gegenseitig auf.
Marco: Ok, dann machen wir das so. Wir tauschen die Abstimmungszettel aus und vernichten sie, ok?
Gian-Luzi: Bist du blöd? Glaubst du wirklich, ich käme mit meinen Abstimmungssachen auch nur in deine Nähe? So fanatisch wie du bist?
Marco: Wahrscheinlich hast du recht. Ich würde sie dir wohl einfach wegnehmen und dich locker mit einem Stiff Arm vom Hals halten.
Gian-Luzi: Eben. Ausserdem möchte ich den Genuss, NEIN auf den Zettel zu schreiben, nicht missen. Da fühlt man sich doch gleich als Patriot.
Marco: Als Patriot? Du hast Nerven. Ihr habt doch mit der Zweitwohnungsinitiative und dem Energie-Dingsbums doch schon genug Schaden für Graubünden angerichtet. Was hat das mit Patriotismus zu tun?
…
Seit wann seid ihr eigentlich die Wirtschaftskompetenz im Kanton?
Gian-Luzi: Die Bevölkerung hat eben ein gutes Bauchgefühl.
Marco: Ja, hoffentlich. Ich habe heute mit einer Frau gesprochen, die hat letztes Mal ‹Nein› gestimmt und diesmal sagt sie ‹Ja›. Vielleicht hören die Bündnerinnen diesmal ja etwas mehr auf ihre Männer.
Gian-Luzi: Männer, Männer: Muss man einen Schnauz tragen, um in diesem Kanton ein Mann zu sein, oder was? Du kennst doch den Güle? Der hat letztes Mal Ja gesagt und wirft diesmal Nein ein. Siehst du, das geht auch umgekehrt?
Marco: Also ich für meinen Teil setze bei der Olympia-Frage lieber auf die hart arbeitenden Macher, die in Graubünden seit Jahrzehnten Jobs schaffen und den Kanton Tag für Tag am Laufen halten. Auf jeden Fall mehr als auf die, naja, halt…
Gian-Luzi: …ach so. Hart arbeiten habt ihr jetzt auch für euch gepachtet?
…
Hart Arbeiten ist sowieso doof. Wer braucht das heute noch?
Marco: Siehst du, das meine ich. Genau das! Lieber einfach rumhängen und auf die Finanzausgleich-Kohle der lieben Zürcher warten.
Gian-Luzi: Die Zürcher sind genug schlau. Olympia machen sie ja auch nicht mit. Die lassen uns schon nicht hängen.
Marco: Was ist denn das wieder für eine Logik? Was redest du für Müll? Das ist es, was du willst? Ein Leibeigener der Unterländer zu sein?
Gian-Luzi: Das sind wir ja eh schon. Nicht so schlimm, oder?
Marco: Okay, okay, jetzt driften wir ab. Im Ernst: Warum wollt ihr uns Bündner Männern, die einen Riesen-Drive in den Kanton reinbringen können, unser Spielzeug wegnehmen? Und unseren Kindern die Zukunft in Graubünden?
Gian-Luzi: Jetzt hör endlich auf mit deinem Scheiss-Pathos! I mag eifach nid.
Wildmannli sitzt und studiert und wartet bis zum nächsten Stammtisch ab, bis er sich entscheiden will. Das werden heisse Wochen…