Reto Keller ist Spitaldirektor des Spitals Thusis, er ist in Thusis aufgewachsen und wohnt heute mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in Masein. Seine Karriere bis zum Spitaldirektor ist geprägt von Vielseitigkeit und Konstanz. Im Interview zu seinem 25-Jahr-Jubiläum wollen wir mehr zu den Herausforderungen von früher und heute wissen und Fragen nach der Zukunft des Regionalspitals.
Sie arbeiten seit Ihrem Schulabschluss fast ununterbrochen im Spital Thusis. Welche Funktionen hatten Sie bereits im Spital Thusis und hatten sie nie die Absicht etwas anderes zu sehen?
Nach Lehre und RS bekam ich 1992 einen befristeten Anstellungsvertrag, um die Einführung des ersten EDV-Systems zu begleiten. Das Spital Thusis hat sich danach stetig weiterentwickelt, parallel dazu konnte ich mich persönlich weiterentwickeln. Kein Jahr war gleich, meine Tätigkeiten haben sich laufend verändert. So hatte ich gar nie das Gefühl, etwas Anderes sehen zu müssen. Ich war im Abrechnungsbüro tätig, als Sekretär, als Ausbildner, als Telefonist, als Informatiker, als Projektleiter, als Controller, im Reporting, als Kodierer, im Personalwesen, in der Finanz- und Betriebsbuchhaltung. Das war natürlich alles noch nicht so fachspezifisch wie heute. Als Direktionsassistent konnte ich das dann alles zusammenfassen. Im 2009 durfte ich die Nachfolge von Silvio Zuccolini als Spitaldirektor übernehmen. Aus einem befristeten Arbeitsvertrag wurden 25 Jahre…
Welche Veränderungen haben Sie seit Ihrem Lehrabschluss erlebt? Habe Sie Beispiele für diese stete Veränderung?
Extrem viel. Und der Takt der Veränderungen wird immer höher. Die ganze Informationstechnologie hat vieles verändert. Die Anforderungen sind vor allem im administrativen Bereich sehr viel grösser geworden. Es entsteht dadurch eine übertriebene Bürokratie. Andererseits bringt die medizinische Entwicklung sehr viel Mehrwert für Patienten zu Personal. Zu Beginn meiner Laufbahn im Spital Thusis war ich im Absonderungshaus des alten Spitals tätig, jetzt sind wir bereits 20 Jahre im neu- bzw. umgebauten Spital. Der ganze Alltag ist viel hektischer geworden.
1992 führten wie das erste «richtige» EDV-System ein. Mit zwei oder drei Computern. Heute haben wir ca. 90 PC’s oder Notebooks im Einsatz. Für eine Software-Installation mussten an jedem PC 30 Disketten eingelegt werden, heute geschieht das auf Knopfdruck via Netzwerk. Formulare wurden früher auf einer Umdruckmaschine ausgedruckt. Ab und zu war das so nass, dass es erst an einer Wäscheleine aufgehängt werden musste, heute ist das meiste digital. Es gab eine Stöpselanlage für die Telefonie mit einigen Festnetzanschlüssen, heute ist man an jeder Ecke der Welt erreichbar. Früher erhielt man Nachrichten per Post, wenn es pressierte per Fax. Heute ist bereits die Kommunikation per E-Mail bald wieder veraltet.
Gibt es auch Dinge, die gleich geblieben sind? Was macht das Spital Thusis für Sie zu einem besonderen Arbeitgeber?
Unser Kerngeschäft ist immer noch dasselbe. Die Patientinnen und Patienten stehen im Mittelpunkt, eine kompetente Behandlung in einem persönlichen Umfeld. Das ist leider nicht mehr überall der Fall, die wirtschaftlichen Themen gewinnen in anderen Ländern die Überhand. Ich werde alles daransetzen, dass das bei uns so bleibt. Ebenfalls gleich geblieben ist das tolle Arbeitsklima in unserem Spital. Es gibt viele Mitarbeitende, die mich auf dem ganzen Weg begleitet haben.
In erster Linie die familiäre Atmosphäre und die hohe Kontinuität in allen Ebenen. Eine hohe Wertschätzung gegenüber Patienten, Mitarbeitenden und externen Personen. Und natürlich ein gelebtes Zusammenspiel aller Funktionen. Dieses Wir-Gefühl und die hohe Loyalität zum Spital Thusis wurde mir in all den Jahren weitergegeben und werden von den vielen langjährigen Mitarbeitenden täglich gelebt. Nun liegt es an mir, diese Werte auch in dieser hektischen Zeit weiter zu pflegen. Der Arbeitgeber Spital Thusis ist für mich aber auch attraktiv, weil ich in dieser wunderschönen Region in der ich aufgewachsen bin, leben und arbeiten kann.
Nebst Ihrem Job als Spitaldirektor sind Sie Vorsitzender der Konferenz Spitäler und Kliniken des Bündner Spital- und Heimverbandes, VR der Reha Andeer AG, Stiftungsrat des Evang. Pflege- und Altersheim Thusis, in der GPK der Gemeinde Masein, Vater von zwei Töchtern und Spielertrainer der Senioren des FC Thusis/Cazis. Wie schaffen Sie es alles unter einen Hut zu bringen?
Der Tag hat manchmal schon zu wenig Stunden. Vor allem die Tätigkeit im Verband beansprucht sehr viel Zeit. Dank den vielen sehr guten Mitarbeitenden im Spital und einer guten Arbeitsorganisation ist vieles machbar. Sehr wertvoll ist für mich auch die Unterstützung durch den Stiftungsrat, allen voran durch den Präsidenten Roland Weber. Genauso wichtig ist neben der Arbeit auch der Ausgleich. Zeit mit meiner Familie ist da sehr wertvoll. Dank dem nahen Arbeitsweg ist das gemeinsame Morgen- und Mittagessen fast immer möglich. Zudem muss auch Zeit bleiben für eine sportliche Betätigung, das gibt jeweils neue Energie.
Wo sehen Sie das Spital in 10 Jahren?
Das Kerngeschäft verändert sich nicht. Das Spital Thusis ist weiterhin das regionale Zentrum für alle medizinischen Fragen. Die Patientinnen und Patienten werden weiterhin in einer persönlichen Atmosphäre kompetent behandelt. Dies ist ein Gegentrend zur gesamtschweizerischen Entwicklung, wo wegen dem Kostendruck immer weniger Zeit für die Patienten bleibt. Dadurch steigen die Fallzahlen weiter an und sorgen für eine solide finanzielle Situation. Die Entwicklung der Medizintechnik geht ungebrochen weiter, die Patienten verweilen immer seltener über Nacht im Spital. Das führt zu einer weiteren Umnutzung von Patientenzimmern. Das Umfeld wird sich weiter stark verändern. Um die hohen Anforderungen meistern zu können, werden wir in der Region die Ressourcen bündeln müssen und gemeinsame Synergien nutzen. Mit dem Projekt «Traversina» sind wir bereits in diese Richtung unterwegs. Auch sonst wird der Weg der Kooperationen weitergehen. Eine grosse Herausforderung wird die Rekrutierung der Fachkräfte sein. Das Spital Thusis wird auch in 10 Jahren noch ein Ausbildungsspital sein und alles daransetzen, ein attraktiver Arbeitgeber mit familienfreundlichen Arbeitsbedingungen zu sein.
(Bild/Quelle: zVg.)