Bluemoon’s Blog: Danke, Böhse Onkelz!

Zum ersten Mal in Berührung kam ich mit der Musik der Band Böhse Onkelz in der Oberstufe in Jenaz. Mein CD-Mentor Ueli Signer empfahl mir eine CD mit dem Titel «Viva los Tioz», die er mir gleich auch in gebrannter Version mitgebracht hatte. Wie soll ich es sagen? Ich war nicht gerade angetan von den Jungs aus Frankfurt. Die Stimme war immer so aggressiv und laut. Ich war wohl noch nicht bereit.

Wahrscheinlich war es tatsächlich so, dass ich mich durch all die negativen Kommentare der Presse und meines Freundeskreises über die Band beeinflussen liess. «Das ist eine Naziband» oder «Die sind verboten» waren noch die nettesten Aussagen über die Band, die mir in meinen Jugendjahren zu Ohren kamen. Es dauerte noch ein Weilchen, bis ich selbst den Mut fasste und mir eine CD der Jungs besorgte. Es war «Hier sind die Onkelz».

Während ich mich langsam an Kevins Stimme aus der Gosse gewöhnte, schossen die Probleme mit falschen Freunden und Frauen wie Pilze aus dem Boden. Es ist leicht zu sagen, auch andere Musik hätte mir bei der Bewältigung meiner jugendlichen Probleme geholfen, doch das hatten sie nicht. Die Toten Hosen beispielsweise gingen nie so tief auf die Probleme ein und die Ärzte war zwar oberflächlich lustig, doch nie wirklich hilfreich bei der Bewältigung von Stolpersteinen. Es war die Zeit, als Keanu Reeves kurz vor dem Millennium durch die Matrix jagte und mir alles um mich herum wie die Matrix vorkam. Ich war kein populärer Mitschüler, hatte Schlägereien am Laufband und da half mir keiner der oben genannten Fun-Punk-Bands.

«Mit dieser Band hast du nicht viele Freunde. Doch die, die du hast, teilen deine Träume», wurde für mich zum Hoffnungsschimmer. Die Böhsen Onkelz waren es, die mich nach einem harten Tag voller Probleme mit Lehrern und Mitschülern aufstellten und wachrüttelten. Denn man konnte sich zum Positiven verändern, wenn man es wirklich wollte.

Die Jahre flogen durchs Land und ich besorgte mir jedes Album der Band. «Bin ich nur glücklich, wenn es schmerzt» von «Viva los Tioz» wurde beispielsweise der Soundtrack meiner ersten grossen Liebe, die zerbrach. Als ich zum ultimativen Fan wurde, gab die Band bekannt, dass sie sich auflösen würde. Es war für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Erst gerade vor kurzem hatte sich meine Lieblingsband seit Kindesbeinen an, Mr. Big, aufgelöst und nun auch die Onkelz. Musik war scheisse und tat nur noch weh.

Leider schaffte ich es nicht ans Abschiedskonzert der Band auf dem Lausitzring, da ich noch in der Schule war damals und mir das meine Eltern niemals erlaubt hätten. Also blieb ich daheim und kaufte mir jedes erdenkliche Souvenir der Band aus der Vergangenheit. Ich besitze sogar jede Single der Band und die waren wirklich schwer zu kriegen.

Bands kamen und gingen und doch nie gab es eine Band, die mein Leben so stark beeinflusste wie die Böhsen Onkelz. Immer wieder kam das Thema auf, wenn es in der Schule um Rechtsrock ging. Bis zum heutigen Tage habe ich jeden erdenklichen Artikel und jedes Buch über die Band gelesen und abgesehen von 1-2 wenigen Tracks, die ich auch als Jugendsünden verstanden habe, hat die Band nie mit einer rechtsradikalen Gesinnung sympathisiert. Ich war dazu berufen, das richtig zu stellen und für meine Lieblingsband Partei zu ergreifen. Wer heute noch die Band als Nazikapelle bezeichnet, soll sich meiner Meinung nach in Grund und Boden schämen.

Die Onkelz waren bei mir immer dabei. Sie stellten mich auf, wenn es mir schlecht ging und ersparten mir einige Sitzungen beim Psychologen. Jeder ist seines Glückes Schmied, diesen Leitsatz spürte ich aus jeder Zeile der Band und ich stand nach Rückschlägen wieder auf und folgte verbissen meinen Zielen. Zu Beginn war ich nur ein schlechtgelaunter Tagedieb und Nichtsnutz, doch dank der Onkelz wusste ich, dass es im Leben mehr gibt als Depressionen, Hass und Niederschlag. Stephan Weidners Zeilen hatten für mich eine heilende Wirkung und zeigten mir, dass ich alles erreichen kann, wenn ich es wirklich will. Es war in der Pubertät Rebellion pur, Onkelz-Shirts zu tragen. Doch ich trug sie mit Stolz, wie andere Shirts von Nirvana. Diese Band war mehr als nur eine Band für mich, sie wurde zum heiligen Hafen und Rückzugsort. Ich fühlte mich angekommen und vor allem willkommen in der «Familia». Ebenfalls ein grosser Pluspunkt der Band war, dass ich sie von der ersten Zeile weg sofort verstand. Das waren Texte direkt in die Fresse, sie hielten mir in manch kritischen Situationen den Spiegel vor und ich änderte mich, wurde friedliebend und nicht mehr so hasserfüllt.

2014 war es dann endlich soweit. Die Band stand wieder gemeinsam auf der Bühne. Es war das Event des Jahres und ich konnte wieder nicht hin, da ich selbst ein Konzert hatte an diesem Tag. Die Nachricht über das Comeback erquickte mich zwei Wochen lang und ich hoffte auf ein neues Album, seit dieser Neuigkeit.

Am letzten Freitag ist es nun erschienen und ich bin unbeschreiblich glücklich, dass ich das noch erleben darf. Sie haben sich nicht lumpen lassen und ein richtiges Brett abgeliefert, dass ich ihnen nach all den Jahren echt nicht mehr zugetraut hätte.

Nun ich will hier nicht eine klassische Plattenkritik platzieren, denn das Album ist schlichtweg für mich persönlich sehr stark mit Erinnerungen beladen. Mein Ziel ist es, an dieser Stelle einmal danke zu sagen für die Musik der Böhsen Onkelz. In der heutigen schnelllebigen Zeit gibt es zu viele Kopien und zu wenige Orginale. Die Band Böhse Onkelz ist mehr als ein Orginal.

Sie sind die Band, die jeder verlorenen Seele in der scheinheiligen, oberflächlichen Plastikwelt eine Heimat geben. Eine Band, bei der Ehrlichkeit ein hohes Gut ist, die Wunden heilen lässt und animiert für seine Visionen einzustehen. Danke für alles! Ihr seid mein Lichtblick in so manchen tristen Tagen.img_5224-2

Das Comeback-Album «Memento» ist überall erhältlich und zudem sehr empfehlenswert. Mehr Infos zur Band unter www.onkelz.de