Er liegt mir im Nacken. Tagtäglich klebt er mir an den Fersen, bellt unaufhörlich. Und jeden Abend beim zu Bett gehen dieselbe Qual: wenn er sich die ganze Nacht in Löffelchen-Stellung eng an mich kuschelt, mit seinen Zähnen fletscht und mir den Schlaf raubt.
Mein innerer Schweinehund ist innert kürzester Zeit von einem kleinen, unscheinbaren Chihuahua zu einem gigantischen Pit Bull herangewachsen.
«Was du heute kannst besorgen…»
«… das verschiebe lieber auf morgen»! Wäsche waschen, Hemden bügeln, einkaufen, Mails checken, Reminder beantworten, Rückrufe tätigen, Sport treiben. Wenn an freien Tagen die lästige Pflicht ruft, gibt’s für mich tausende Möglichkeiten der Ablenkung, besonders dann, wenn sich der Herbst von seiner sonnigsten Seite zeigt. Denn in meiner Freizeit bin ich Meisterin der «Aufschieberitits» oder fachmännisch ausgedrückt: der Prokrastination. Sieht mein kleiner, pfiffiger Pit Bull jedoch anders, der sich in den vergangenen Monaten sogar einen eigenen Namen gemacht hat. Dieser bleibt jedoch mein kleines Geheimnis – will ja schliesslich niemandem auf den Schwanz stehen.
Er mag’s auf die harte Tour
Doch sind wir mal ehrlich: mit dem inneren Schweinehund hat wohl schon jeder von uns einmal oder mehrmals Bekanntschaft gemacht. Egal ob bei der Arbeit, beim Sport treiben, beim Ausfüllen der Steuererklärung oder beim Misten der Kellerräumlichkeiten. Er ist allgegenwärtig, sorgt für regelrechte Unlust und kämpft mit harten Bandagen gegen unser Motto an «Morgen ist auch noch ein Tag». Ich hätte ja nichts einzuwenden, ist ja schliesslich auch sein Job. Aber bitte nicht an einem Sonntag. Pit Bull interessiert das wenig, denn von uns beiden hat bis jetzt nur er fulminante Willensstärke und Gegenwind bewiesen. Hier hilft nichts, ausser dagegen anzukämpfen, ihn mit feinen Leckerlis zu besänftigen oder Geduld und mentale Stärke zu beweisen. Im Sinne von «Zuckerbrot und Peitsche». Das Zuckerbrot für mich – er mag’s lieber auf die harte Tour.
Freund vs. Feind
Also stelle ich mich dem kräftezehrenden Boxkampf mit meinem kleinen, furchterregenden Monster, der mir dauerhaft mehr Stress als Erholung beschert. Stelle mich den sonntäglichen Arbeiten, drehe meine Laufrunden und nehme mir die meist gelaufenen Meter der diesjährigen Pumpiläufer zum Ziel. Am Ende des Morgens besänftige ich sein Bellen und belohne ihn für seine Hartnäckigkeit mit kleinen, feinen Hundekuchen. Und mich mit Balsam für die Seele, an einem ruhigen Ort in der Natur um meinen Gedanken freien Lauf zu lassen und einen Blick in die Sterne für den morgigen Tag zu wagen. Der letzte goldene Sonntag im Oktober kann endlich in vollen Zügen genossen werden.
Jedoch stets an meiner Seite, an der langen Leine: mein liebster Freund und ärgster Feind zugleich: Pit Bull.