Grossratswahlen – rechtlich fragwürdig!

Es sind mehr als 10 Jahre verstrichen, seit die damalige Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf unser Wahlsystem für den Grossen Rat im Namen der Regierung im Grossen Rat  als  «nicht mehr zeitgemäss» bezeichnet hat. Seitdem hat das Bundesgericht immer wieder klar entschieden, dass die Stimmkraft des einzelnen Stimmberechtigten nicht allzu sehr von einander abweichen darf. Die heutige Wahlkreiseinteilung in Graubünden steht in krassem Widerspruch zu dieser Rechtssprechung und ist demnach wohl rechtswidrig. Es ist erstaunlich, dass trotz dieser klaren rechtlichen Ausgangslage die im Grossen Rat übervertretenen Parteien krampfhaft das heutigen Wahlsystem verteidigen. Es geht dabei weniger um Demokratie als um Festhalten an einer bestehenden Machtstruktur.

Wenn man sich gegen dieses Verhalten wehrt, wird einem immer wieder vorgeworfen, dass man vor 20 Jahren das heutige System ebenfalls verteidigt habe. Das trifft durchaus zu. Nur gab es damals einen grossen Unterschied: Es existierten noch keine klaren Bundesgerichtsentscheidungen in dieser Frage. Wer aber heute noch an diesem alten Zopf festhält, handelt wider besseren Wissens – widerrechtlich!

Dabei geht es nicht um die Frage Majorz oder Proporz. Beides ist möglich. Mit Einerkreisen ist eine gerechte Wahl auch im Majorz denkbar. Nur dürfte es ausserodentlich schwierig sein, dafür in unserem Kanton eine sinnvolle Wahlkreiseinteilung zu finden. Dass dies im Proporzverfahren einfacher ist, liegt auf der Hand.

Nun darf man sich keiner Illusionen hingeben: Das heutige Machtkartell von BDP, FDP und CVP wird alles daran setzen, ein gerechtes, bundesrechtskonformes Wahlsystem weiter zu verhindern. Damit werden wir auch 2018 unsere Volksvertretung nach einem System wählen, dass unsere «Volksvertretung» bei weitem nicht repräsentativ widerspiegelt. Das kümmert das heutige Politikestablishment offensichtlich wenig. Schliesslich sitzt man auf dem hohen Ross.

 

(Bild: GRHeute)