KOLUMNE 2.0: Oh du verrückte Vorweihnachtszeit!

«Oh du fröhliche, oh du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit». Oder so ähnlich. Nur noch 10 Wochen trennen uns von der besinnlichsten Zeit im Jahr. 10 Wochen, in denen die letzten ToDo’s der vergangenen 365 Tage reingequetscht und ein Tagesablauf, der normalerweise gute 48 Stunden in Anspruch nehmen würde, plötzlich innerhalb von 24 Stunden zu absolvieren ist.

«Organisation ist das halbe Leben». Und ich bin ein wahres Organisationstalent. Das wag ich selbst über mich zu behaupten. Bei mir geht nichts ohne täglich klar strukturierte Formen und bis ins Detail organisierte ToDo-Listen. Mein Terminkalender ist meist rappelvoll, doch immer finden sich Lücken, die mit neuen Terminen geschlossen werden können. Denn: «geht nicht, gibt’s nicht». Ob beruflich oder privat. Ich will ja schliesslich niemanden vor den Kopf stossen.

Und doch: Just während der Vorweihnachtszeit gerät selbst mein Talent ins Wanken. Und das Jahr für Jahr.

Erinnerungen an den Duft von frischen Plätzchen und süssem Glühwein

Als Kind konnte ich’s kaum erwarten: die Zeit vor Weihnachten. Das Gefühl von Geborgenheit und Zusammenhörigkeit und die Vorfreude auf die vielen tollen Geschenke. Wenn der Duft von frischgebackenen Plätzchen alle Zimmer in unserem Haus durchflutete, der Schnee unsere wunderschöne Berglandschaft wie Puderzucker auf der Zimtrolle zierte und die wunderschönen Lichterketten zum abendlichen Spaziergang im Schnee luden.

Die Tagträumerei lässt mich abrupt in die Realität zurückkehren, wo der normale Alltagswahnsinn herrscht. Mir wird bewusst: Die Zeit bis Weihnachten drängt – und das bereits im Oktober bei aktuell 12 Grad Celsius. Denn die Grippewelle hat seinen Anfang genommen, der Detailhandel erinnert uns früh genug daran, unsere Liebsten mit überteuerten Konsumgütern zu überhäufen und in nur wenigen Wochen lockt bereits die Alphütta am Theaterplatz mit leckerem Fondue das alte Jahr zu verabschieden und das Neue willkommen zu heissen. Ergänzt wird das Bewusstsein mit einem Blick in den Terminkalender auf die bevorstehenden Monate November und Dezember. Jahresabschlüsse, Meetings und Planungen für’s neue Jahr, beinahe jeden Abend Apéro hier – Weihnachtsessen da, Neueröffnungen, Vernissagen und Weihnachtskonzerte, Klassen-Revivals und Tag der offenen Türen.

Weihnachten mutiert zum Pflichtprogramm

In einer Art Rausch hetze ich von einem Termin zum nächsten, tanze hie und da auf zwei Hochzeiten gleichzeitig, plane mir nebenbei bewusst Zeit ein, mit meiner Tochter Weihnachtsplätzchen zu backen und bastle nachts für sie einen Adventskalender – heute zumindest in Gedanken. Gemütlich über den Weihnachtsmarkt zu schlendern, Glühwein zu trinken, die Weihnachtsfeier und das Essen zu planen und das Zusammensitzen mit Freunden zu geniessen ist heute kaum noch Genuss, sondern vielmehr zum Pflichtprogramm geworden. Wo sind die echten, kindlichen vorweihnachtlichen Gefühle hin? Sollten wir uns jetzt nicht langsam auf die Zeit besinnen, auf die Dinge und die Menschen um uns herum, die uns im Leben wichtig? Genau!

Deshalb freue ich mich heuer ganz besonders auf diese immer verrückter werdende Vorweihnachtszeit: Denn, genau heute habe ich beschlossen, mich in diesem Jahr nicht stressen und die Freude an die Vorweihnachtszeit neuaufleben zu lassen. Ich lasse mich kurz vor Weihnachten – egoistisch und allen Erwartungen entgegen – in den Entspannungsmodus fallen und fliehe vor der Verantwortung. Keine Geschenke, kein Christbaum, kein Weihnachtsessen mit der gesamten Familie, keine Silvesterparty mit Freunden, kein Terminstress während der glückseligsten Zeit des Jahres. Ich suche die Erholung pur, weit weg – im warmen Süden, mit Flip-Flops am Strand unter Palmen.

Dank Online-Booking macht sich bei mir seit Jahren das erste Mal pure Vorfreude auf die bevorstehende Vorweihnachtszeit breit: Denn frühmorgens vom 23. Dezember bin ich mit Flug Nummer AB 7648 ab Flughafen Zürich zum Abflug bereit. Mit im Gepäck: die Erinnerungen an eine schöne und ereignisreiche Vorweihnachtszeit.

 

(Bild: GRHeute)