Musik jenseits der Berge: «YT – Griselda Blanco»

In der Rubrik «Musik jenseits der Berge» besprechen wir in unregelmässigen Abständen Bands, die keinen oder nur einen minimalen Bezug zu Graubünden haben. In der dritten Ausgabe haben wir uns mit dem neuen Werk «Griselda Blanco» der Newcomerhoffnung YT auseinander gesetzt.

Der junge Yannick Tinner ist eines der grössten Raptalente, das ich je kennen gelernt habe. Der 23-Jährige aus dem Zigerschlitz ist nicht nur ein einzigartiger Rapper, sondern auch noch ziemlich auf dem Boden geblieben, trotz Hype und Lob von Fachpresse und alteingesessenen Szenestars. Als ich letztes Jahr mit der Idee einer Bock uf Rap-Tour an ihn heran trat, war er sofort fix dabei. Auch wenn die Konzerte zum Teil eher schwach besucht waren, spürte jeder, der dabei war, dass der Glarner noch einige Hits im Köcher bereit hielt. Nun kommt endlich das langersehnte und hoffnungsvoll erwartete Debütalbum des passablen Nachfolgers der Raplegende Bandit.

Live ist YT eine Macht. Er hat eine unaufhaltbare Energie, die länger hält, als jede LED-Lampe. Selbst sein Backup Radical ist in der Szene kein unbeschriebenes Blatt mehr. Gemeinsam mit ihm und DJ Backflame bietet YT an jedem Konzert grosse Emotionen, die das Publikum abholen und zu Anhängern machen, selbst wenn sie bis zu seinem Konzert keine Rapfans waren.

Voller Spannung lege ich die CD in den Player und weiss vom ersten Ton an, was es geschlagen hat. Es ist «Zahltag»! Genug Zeit und Geld in das Game investiert, jetzt markiert der junge Dog sein Revier und dies mit technisch einwandfreiem Flow. Ein grandioser Start in den Longplayer.

Furios geht es weiter, denn schon als zweiter Track folgt die Single «It was all a dream», die schlicht und einfach ein verdammter Hit ist. Thematisch fasst es den Traum Musik machen zu können, ziemlich gut zusammen. Der Beat ist der Wahnsinn, treibt stets nach vorne und bleibt total im Ohr hängen, nur schon wegen der Chöre im Hintergrund.

Dann kommt mit einem fernöstlich angehauchten Beat, das Titelstück «Griselda Blanco», welches Sozialkritik durch und durch ist. Ähnlich wie bei seinem Hit «Luxusproblem» des ersten Demos zeigt YT, dass er ein waches Kerlchen ist, der die Missstände der Welt hinterfragt. Er hat auch Lösungsvorschläge in Form von Aggressionen. Ob dies nun der richtige Lösungsansatz ist, bleibt offen. Was klar wird, ist dass die Nummer ziemlich heftig und modern pumpt.
Auf dem vierten Track des Albums «Bedrohung» hat sich der Glarner den deutschen Rapper Caput als Gast eingeheimst. Diese Kollabo passt wie die Faust auf’s Auge und bietet ein kurzweiliges Rapfreudenfest. Eine frische Nummer mit ziemlich viel Drive.

«Pirata» ist eine tolle Storytellingnummer, die ein wenig ruhiger die Jugendzeit des Newcomers erzählt. Interessante Geschichte mit einigen malerischen Zeilen, wie beispielsweise «Hend kai Grenza kennt. Pirata, wo gueti Engel hend». Sehr gelungen und schön, dass erstmals ein bisschen die Geschwindigkeit gedrosselt wird.

Das zweite Featuring auf der CD besetzt, völlig verdient, Radical. «Bis is Grab» ist eine weitere gemeinsame Hymne der zwei, die einfach exzellent funktioniert.

«FMF» ist einer der Songs, der mir nicht so gefällt, obwohl YT sogar ein Video zum Track veröffentlicht hat. Irgendwie ist es hald einfach reiner Battlerap und für dies werde ich persönlich langsam ein wenig zu alt.

Umsomehr berührt der nächste Track «2 Kontinänt», bei dem YT seinem zu früh verstorbenen Bruder ein Denkmal für die Ewigkeit gesetzt. Poetisch, melancholisch, persönlich und sehr gefühlvoll – grosses Kino!

Dann endlich mit «Wältreis» ein moderner Lovesong, der vor allem den jungen, weiblichen YT-Fans sehr zusagen könnte.

«Plata o Plomo» ist eine grandiose Zusammenarbeit mit dem hochtalentierten Roboose. Sie schaukeln sich gegenseitig hoch und pushen sich zu Höchstleistungen an.

Das Lied «Chriäg» feat. Fakt E1Z schlägt in die gleiche Kerbe und macht Spass. Frontender Rap at its finest.

Mit «Rockstar Büäzer» hat er einen Song geschrieben auf den ich regelrecht neidisch bin. Thematisch fasst er den täglichen Struggle zusammen, den jeder durchlebt, der jedes Wochenende den Weg einmal Star und zurück geht.

«Was würsch du dänka» ist Sozialkritik pur und setzt sich psychologisch mit Gott und der Welt auseinander. Der Featuringpart vom St. Galler Highspeedrapper Rones macht den Track zu einem gelungenen Rapmassaker voller Religionskritik und Aktualität.

Die Ode auf die Freundschaft und all die schönen Sachen im Leben «Paradies» feat. Gabe ist eine schöne Nummer, die für mich persönlich jetzt schon ein Good-Mood-Mundart-Rap-Klassiker ist. Läuft jetzt auf Repeat in meiner Playlist.

Dann kommt die Videoauskoppelung «Tomorrow», welche allen Verschiebern und Morgenmachern eine Hymne bietet. Witzig und innovativ, genau wie das Video dazu:

Dann folgt mit «Nacht», der obligatorische Representer für’s Label Catcha› Music, welcher auf’s Album passt, aber irgendwie keinen bleibenden Eindruck hinterlässt.

«First Love» mit Moby Sick ist ein Liebeslied an die Musik und feinster Oldschoolrap.

Abschluss des Albums ist der Track «Traum», welcher hoffnungsschwanger ein positives Bild der Zukunft malt. Denn, wer aktiv mithilft, kann unsere Welt mit verändern. Gelungen.

Schlussfazit:
YT hat auf seinem Debütalbum «Griselda Blanco» einen Weg gefunden, moderne Beats zu picken, ohne sich in ein Doubletimemonster ohne Message zu verwandeln. Da er respektvoll mit den Wurzeln umgeht, schafft er ein Werk, das eigenständig und unverwechselbar eine Brücke zwischen modernem und klassischem Rap schlägt. Die Geschichten sind abwechslungsreich und mit grossartigen Beats umrahmt. Ein rundes Werk, das hoffentlich mit einem Charteinstieg belohnt wird.

Das Debütalbum «Griselda Blanco» ist seit Freitag überall erhältlich. Mehr Informationen zu YT findet ihr auf www.facebook.com/ytphilosophie