Der HCD hatte eine toughe Woche hinter sich, die für Gesprächsstoff sorgte. Hat der HCD ein Goalie-Problem? Ist der Sturm wirklich so schwach? Eine Diskussion zwischen zwei HCD-Fans.
Egon Emotional: “Oh mein Gott, diese Davoser! Der HCD ist ganz unten angekommen, ich sehe schwarz für diese Saison.“
Rudi Rational: „Da scheint jemand leicht pessimistisch zu sein.“
„Hast du die letzten Spiele überhaupt gesehen?“
„Ja.“
„UND DU BRICHST NICHT IN RAGE AUS?“
„Nein.“
„Dann hast du nichts von Hockey verstanden. Wer nur ein bisschen Ahnung hat, weiss, dass mit diesen Goalies nichts zu gewinnen ist. Der Senn hat in den letzten drei Spielen 10 Tore kassiert! Insgesamt steht er bei fast vier Gegentoren pro Spiel und einer Fangquote von 77%! Das ist ligaweit der schwächste Wert.“
„Ja. Und letzte Saison hatte Senn eine Quote von 88% in sechs Spielen. Das heisst noch gar nichts. Oder denkst du, er ist über den Sommer hin schlechter geworden?“
„Sicher nicht besser, das steht fest.“
„Au contraire, mein Freund. Was ich sagen will ist, dass man nach diesen wenigen Spielen noch keine richtigen Schlüsse ziehen kann. Das Zauberwort lautet: Kleine statistische Einheit. Ein Fazit nach drei Spielen zu ziehen ist naiv und oberflächlich. Ich bin überzeugt, dass Senn besser ist als im Vorjahr und genau wie Van Pottelberghe die Chance hat, sich zu etablieren.“
„Du au contraire dich selbst. Senn ist eine Lotterkiste. Der HCD hat ein Problem, bei Weihnachten steht ein ausländischer Goalie im Tor, mark my word. Und der Holländer ist nicht besser.“
„Belgier. Und nein, der HCD hat kein Goalie-Problem. Noch nicht. Die beiden Torhüter brauchen Zeit. Hast du nicht gelesen, was Daniel Rahimi gesagt hat? Der wird’s nämlich wissen. Es braucht Geduld mit jungen Spielern und es braucht Geduld mit Goalies. Und es braucht nochmals etwas mehr Geduld mit jungen Goalies.“
„Das muss der ja sagen. Richtige Superstar-Goalies sehen anders aus.“
„Gilles Senns/Joren van Pottelberghes schwankende Darbietungen sind nichts Ungewöhnliches für Rookie-Torhüter. Auf sensationelle Partien, die Rufe nach dem nächsten Star-Goalie hervorbringen werden, folgen Flops der hässlichen Sorte, die das Ende des HCD prophezeien. Normal. Geduld ist gefragt, bis Ende Jahr wird sich vielleicht ein klareres Bild abzeichnen.“
„Bern hat mit 14 Schüssen vier Tore erzielt!“
„Und nichts spricht dagegen, dass Senn oder JVP im nächsten Spiel einen Shutout feiern wird. Geduld. Im Januar wissen wir, ob Davos ein Goalie-Problem hat. Der HCD wird die Playoffs feiern, und Worst Case kann man sich immer noch den nächsten Stepanek angeln.“
„Beim SCB scheints geklappt zu haben – warum wartet ADC noch?“
„Weil der Entscheid, auf JVP/Senn zu setzen, richtig ist und Geduld braucht. Vielleicht ist Davos dieses Jahr kein Meisterkandidat. Wer weiss. Gut möglich. Unabhängig davon haben ADC und Goalie-Coach Kull bisher zur Genüge gezeigt, wie effektiv sie Rohdiamanten schmieden können.“
„Als ob das reicht. Und selbst wenn sich die Situation im Tor beruhigt, ist Davos immer noch am Arsch. Was ist mit dem Sturm los? Das ist ja skandalös! Vier Tore in drei Spielen erzielt, so kann sich der HCD die Saison an die Hosen streichen.“
„Oh Mann, du bist heute aber in Mecker-Modus.“
„Das ist nicht meckern: Arcobello vom SCB hat bereits acht Punkte gesammelt! Die Top-Skorer-Krone können sich die Herren Lindgren und Wieser an die Kappe schmieren.“
„Erstens ist die Saison gerade mal FÜNF Spiele alt. Ich garantiere dir, dass Davos Ende Saison erneut eines der Top-Scoring-Teams der Liga sein wird. Zweitens ist die Top-Skorer-Krone unterm Strich so wichtig wie ein Blumentopf in der Wüste.“
„Witzbold.“
„Im Ernst: Frag mal Stacy Roest, wie schön es war, mit Rappi rumzudümpeln.“
„Ich bleib dabei: Der HCD hat keine Scorer im Team, nur Passer und Defensiv-Stürmer.“
„Schwachsinn. Der HCD hat vier ausgeglichene Linien, die brandgefährlich sein können und mit Tempo den Gegner einschnüren können. Der SCB hatte phasenweise seine Mühe, überhaupt aus dem Drittel zu kommen.“
„Ja, aber ich hab nachgeschaut, der HCD hat in bisher zwölf Spielen nur ein einziges Mal mehr als drei Tore erzielt. Und zwar vier gegen die Franzosen in der CHL. Das ist katastrophal!“
„Hast du das Gefühl, dass Wieser, Lindgren und Ambühl einfach verlernt haben, wie man Tore schiesst?“
„Offensichtlich!“
„Eher nicht.“
„Der Sturm ist einfach sackschwach, die haben keine wirklichen Chancen.“
„Und du liegst schon wieder daneben. Der Sturm bestimmte das Tempo mehrheitlich. Einzig gegen Biel zeigte Davos ein klares Chancen-Minus.“
„Davos hatte gegen den SCB keine einzig gute Chance. Die Ausländer inexistent.“
„Jetzt übertreibst du. Die Linie um Simion-Kousal-Jörg wirkte dominant. Hätte Davos etwas mehr Glück, wäre der eine oder andere Schuss von einem Schlittschuh abgeprallt. Und dann würdest du jetzt ganz anders reden. Der HCD hat momentan einfach Pech.“
„Aha, ja, klar, Pech nennst du das.“
„Genau. Pech. Tore schiessen ist eine erwiesene wiederholbare Tätigkeit. Man kann mehr oder weniger voraussagen, wie viele Treffer man vom HCD erwarten kann.“
„Was heisst das denn nun wieder?“
„Ich rede von der Trefferquote: Der HCD traf in den letzten Spielen gerade mal mit 7.2%. Das ist weit unter dem Schnitt der Davoser, und sogar unter dem Ligaschnitt von 8.2%. Diese Werte sind nicht nachhaltig und werden sich ganz natürlich über den Lauf der Zeit einpendeln. Der Ligaschnitt lag letzte Saison bei 9.6%. Beim HCD ist er seit Jahren höher, letzte Saison zum Beispiel 12.4%.“
„Zahlen-blabla, so fliegt der Puck nicht ins Netz. Das heisst nichts.“
„Doch. In den letzten beiden Spielen traf Davos mit unter 5%! Würde der HCD nur schon mit dem Ligaschnitt treffen, dann wären gegen Zug vier und nicht ein Tor zustande gekommen. Das hätte für den Sieg gereicht.“
„Du Neunmalkluger. Und was müssen die Davoser ändern, um deine ach so geliebten Zauberwerte zu erreichen?“
„Gar nichts. Die Tore fallen irgendwann halt einfach. Die Stürmer haben nicht verlernt, wie man Tore schiesst, und Eishockey ist eine rutschige Angelegenheit mit viel Glück und Pech. Geduld.“
„Du Optimist. Deine Lösung ist also ‚Geduld’. Prosit.“
„Ja, Geduld. Wir reden im Januar 2017 noch einmal.“
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(Bild: Pixabay)