Staatshilfe für den Tourismus!

Lange hatte der Tourismus in Österreich und Südtirol bei uns den Ruf, dass er seine Innovation nur dank massiver Staatshilfe realisieren könne. Kaum eine Familienpension, so frotzelten wir damals, die sich nicht von Wien, Meran oder Brüssel eine Wellnessanlage habe finanzieren lassen. Auch heute ist die Staatshilfe für den Tourismus noch ein wichtiges Thema.

Der Tourismus lebt auch in Graubünden von der Innovation. Trotz der schwierigen Lage, in der wir uns befinden, gibt es noch immer Unternehmer, die neue Ideen realisieren und in ihre Betriebe investieren wollen. Viele Projekte scheitern bereits an der hohen Hürde der Finanzierung über die Banken. Aber diejenigen, die danach übrig bleiben, werden erst recht in die Mangel genommen.

Schon einfachste Bauprojekte für die öffentliche Benutzung müssen ein Wirrwarr von Bestimmungen erfüllen, die ohne Fachjuristen nicht zu erfüllen sind. Will man gar etwas in der Landschaft machen, wachsen die Hürden in ungeahnte Höhen. Kantons- und oft auch Bundesstellen prüfen, diskutieren, verlangen Ergänzungen und Änderungen – dazu haben Verbände fast jeder Couleur ein Einspracherecht und nutzen es schon aus Prinzip. Auf der anderen Seite stehen Politiker, die dem Bündner Tourismus vorwerfen, zu wenig innovativ und zu wenig risikobereit zu sein.

Ich verlange Staatshilfe für unseren Tourismus.

Keine Angst, ich plädiere nicht für zusätzliche Subventionsmilliarden. Vielmehr müsste uns der Staat helfen, dringend nötige Investitionen zu realisieren. Statt neuen Projekten Steine in den Weg zu legen, müsste die Politik dafür sorgen, dass neue Projekte gefördert und nicht von allen Seiten drangsaliert werden.

Am Beispiel Mountainbike zeigt ein Blick ins nahe Ausland, dass es auch anders geht. Das Sella-Gebiet im Südtirol investiert Jahr für Jahr in neue Strecken. In den vier Tälern um den Sella-Stock ist so neben den Wanderwegen ein neues Netz an Bike-Strecken entstanden, die dem Gebiet neue Gäste bringen. Bewilligungen scheinen kein Problem zu sein. Stellen sich Gemeinde und Region hinter ein Projekt, kann es gebaut werden.

«An meinem Berg mache ich, was ich will», sagte kürzlich der Besitzer der Bergbahnen in Sölden, die bis in fünf Jahren zu den führenden Mountainbike-Regionen der Alpen gehören wollen. Tatsächlich gehören die Hänge und Wälder seiner Familie. Sie investiert und trägt das unternehmerische Risiko. Bewilligungen müssen natürlich auch hier eingeholt werden, wenn ich ihm aber den Schweizer Spiessrutenlauf durch Ämter, Verbände und später auch Gerichte beschreibe, schüttelt er nur den Kopf.

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich fordere nicht die Abschaffung des Landschafts- und Naturschutzes oder die generelle Freigabe jeder Bautätigkeit, wenn sie für den Tourismus ist. Aber die Regulierungsdichte und die Einsprachemöglichkeiten gegen Bauvorhaben in Bewilligungs- und Gerichtsverfahren gehören zurechtgestutzt. Sie haben ein Mass erreicht, welches die notwendige wirtschaftliche Erneuerung in unserem Kanton ernsthaft gefährdet.

Dass es mit viel weniger Regulierung auch geht, zeigen das Südtirol und Tirol. Kein Mensch würde wohl behaupten, das UNESCO-Gebiet im Südtirol sei durch den Tourismus zerstört oder auch nur entwertet worden. Und auch in Sölden wissen die Touristiker und Leistungsträger die Bedeutung einer intakten Natur sehr wohl einzuschätzen.

Der Alpenraum braucht aber ein Gleichgewicht zwischen «Nutzen und Schützen», wie es die Arbeitsgemeinschaft der Berggebiete formuliert. Dieses Gleichgewicht ist aus dem Lot geraten. Es ist an der Politik, es zugunsten neuer Investitionen für den Tourismus wieder herzustellen. Das ist die Staatshilfe, die ich für den Tourismus fordere.

 

GRHeute vom 20.6.2016).

Ich kann nicht verstehen, wieso wir Schweizer uns so blindlings quasi ins eigene Paragraphen-Verderben stürzen? Die Probleme sind jedermann bekannt und doch schafft man täglich neue Hürden? Die EU-Liebe ist nicht mehr so gross wie auch schon und trotzdem übernehmen wir schön brav einen Grossteil der Brüsseler Vorschriften?

Die Tschuggen Hotel Group gehört zu den Investoren im Tourismus, wie sie Reto erwähnt. Und ich möchte betonen, dass wir auch sehr viele effiziente und pragmatische Momente mit den Behörden erleben. Die erfreulich schnelle Abwicklung der Baueingabe für unser Projekt Valsana in Arosa war so ein Beispiel. Wenn ich dann aber die Baubewilligung und begleitenden Dokumente im Detail studiere und über Monate die Bausitzungen besuche, dann konnte ich mich irgendwann nicht mehr dagegen wehren: die Desillusion. Wikipedia sagt: Desillusion (lat.) bezeichnet eine Enttäuschung oder eine tiefgreifende negative Erfahrung, die zu Resignation führen kann.

Jeder Hotelier und Bauherr will doch einen guten Brandschutz für seine Gäste. Jeder Hotelier möchte auch ein behindertengerechtes Angebot in seinem Haus. Gegen den Grundsatz wehrt sich wirklich niemand. Aber irgendwo ist die Verhältnismässigkeit auf der Strecke geblieben. Dies zwingt uns zum Beispiel, den Fluchtweg aus einem Technikraum, in welchem 2x pro Jahr ein Service stattfindet in der Zwischensaison, höher zu gewichten als den täglichen, reibungslosen und angenehmen Gästefluss? Customer Journey und Architektur vs. eine Wahrscheinlichkeit von 1:100‘000? Die bittere Realität ist, dass dann teure Türen nach Vorschrift gebaut werden, die im Alltag doch immer offenstehen.

In dem Sinne bitte ich um: One in – Two out, damit Investoren ihre Projekte mit Freude umsetzen!

Corinne Denzler
CEO Tschuggen Hotel Group

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Die Tourismus-total-Expertenrunde von GRHeute berichtet und kommentiert einmal wöchentlich über aktuelle Tourismusthemen für Graubünden. Unverblümt und direkt von der Front.