Die Idee klang verrückt: Dank einem Wasser-Skilift solle der Davosersee zu einem Paradies für Wakeboarder werden – zur Hälfte finanziert durch Crowdfunding im Internet. Die Idee hatte aber einen Makel: Sie kam nicht aus Davos, sondern aus dem Unterland. Das Resultat erfreut mich umso mehr: Im Internet kamen über 40’000 Franken an Spenden zusammen und seit Anfang Juli fühlt sich eine neue Sportart in Davos zuhause.
Ein neuer Skilift macht zwar noch keinen Rekordsommer, aber der Wakeboardbetrieb auf dem Davosersee ist eine echte Attraktion. Anfänger und Könner nutzen den Lift sehr rege und rund um die Anlage machen Spaziergänger und Biker immer wieder Pausen, um das noch ungewohnte Treiben zu bestaunen. Zusammen mit Kitern, Windsurfern und Seglern bringen die Wakeboarder neues Leben auf den See und in den Ort.
Für mich als Touristiker ist der neue Board-Lift aber noch aus einem anderen Blickwinkel interessant. Das Projekt manifestiert wieder einmal eine der Arten, wie sich der Tourismus in Graubünden weiter entwickeln kann: Indem wir Ideen von aussen eine echte Chance geben. Nicht, dass wir Bündner keine guten eigenen Ideen mehr hätten, aber immer wieder kommen auch Auswärtige mit Ideen auf uns Bündner zu, denen wir eine Chance geben sollten.
Viele von ihnen sind begeisterte Gäste unserer Destinationen, die hier einen kleineren oder grösseren Traum verwirklichen wollen. Die Gefahr ist gross, dass wir als erfahrene Touristiker, Politiker oder Gastgeber solche Ideen reflexartig abtun. Schliesslich haben wir genug Erfahrung, um zu wissen, was bei einer neuen Idee alles schiefgehen kann.
Auch den Initianten des Kite-Lifts schlug nicht überall die pure Begeisterung entgegen, als sie vergangenen Winter in Davos für ihr Projekt warben. Dass die Finanzierung des Vorhabens auch noch auf die Spendenfreude einer Fangemeinde im Internet basierte, machte die Überzeugungsarbeit nicht einfacher.
Es mag die Begeisterung und die Überzeugungskraft der Initianten gewesen sein oder die tiefen Spuren, welche die Tourismuskrise in den Kassen vieler bereits hinterlassen hat, aber irgendwie schafften es die Enthusiasten, ihren Traum zu finanzieren und zu starten. Für Davos ein Glücksfall und für Graubünden ein Lehrstück.
Neuerungen in unseren Angeboten schaffen Aufmerksamkeit, decken Bedürfnisse von Stammgästen und bringen auch neue Gäste in den Kanton. Deshalb muss der Tourismus in Graubünden wieder mehr Chancen nutzen, welche sich aus neuen Ideen und Initiativen ergeben – egal, ob sie nun aus unseren eigenen Reihen kommen oder von ausserhalb.
Auswärtige sehen unsere Destinationen mit anderen Augen als wir – sie kommen automatisch auch auf andere Ideen. Wenn wir es ihnen gestatten, können sie uns helfen, unser Angebot weiter zu entwickeln. Ihre Ideen verdienen es, genauso gefördert zu werden, wie die Ideen von Einheimischen. Die vielerorts bestehende Bündner Tradition, Ideen von «Unterländern» und Ausländern besonders kritisch zu betrachten, gehört begraben.
Reto Branschi
CEO Destination Klosters-Davos
" />
(Bilder: GRHeute/wakeweeks.ch)