Vorübungen für Dezember

Der Juni ist traditionell der letzte Monat vor den Ferien. Und er ist vollgepackt mit Aktivitäten bis zum Himmel – wie sonst vor Weihnachten.

Der Terminkalender von Kindern ist im Monat vor den Sommerferien randvoll: Sporttag. Schulreise. Museumsbesuch. Übernachtung in der Schule. Zeitungen sammeln. Abschiedsgrillen mit dem Fussball-Trainer. Abschlusskonzert Flöte. Abschlussfest Jugi. Abschlussvorführung HipHop. Spielgruppenabschied. MuKi-Turnen-Abschied. Abschlussfest Schule wegen Lehrerwechsel. Und das alles neben dem normalen Programm von Schule, Freizeitaktivitäten und dem berühmt-berüchtigten «Abmachen».

Das alles kostet: Nerven und bares Geld. Hier 3.50 Franken, da 10 Stutz, dort 5 Franken. Hier ein Salat, dort ein Kuchen. Hier ein Fingerabdruck, dort ein Fingerabdruck. Überhaupt! Fingerabdrücke! Fingerabdrücke sind die neuen Portraitfotos. Sie bedingen aber vorzeitiges Aufschlagen an einem geheimen, in der Nähe liegenden Ort. Dazu kommen unzählige Kuchen, die gebacken und unzählige Salate, die angemacht werden müssen. Und das alles zwischen dem normalen Programm von Kinder, Küche, Kamikaze. Eine Freundin umschreibt diesen Zustand so: «Ich lebe im Moment planungstechnisch von der Hand in den Mund.»

Man kann das so nennen, denn im Nacken sitzt immer die Angst vor einem neuen Event, der noch um die Ecke gekrochen kommt. Doch übernachten im Kindergarten mit vorgängigem elterlichem Vorbeibringen von Matratze, Zahnbürste und sonst nie benutztem Kuscheltier? Besuch der Abfallverbrennungsanlage mit Bring- und Holdienst? Man weiss es nicht. Der Speicher ist voll. Noch eins mehr und man will sich wie ein Käfer auf den Boden legen und laut rumschreien. Wie das Vorkindergartenkind im Supermarkt, wenn es das Überraschungsei an der Kasse nicht bekommen hat.

Das ist keine Lamentiererei gegen Lehrpersonen und kein Abwerten derer, die Abschiedsgeschenke organisieren und schon gar nicht der Geschenke selbst. Vor allem Zweiteren gilt mein allerherzlichstes Dankeschön. Die Beispiele entsprechen zwar zur Mehrheit meiner Realität, doch weiss ich, dass es andernorts nur unwesentlich anders ist.

Aber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass bei mehreren Kindern der Juni der neue Dezember wurde. Und bei allem Stress: Am Schluss weint man eben doch. Weil aus dem Spielgruppenkind ritualmässig ein Kindergartenkind wurde, weil das Kind auf dem Abschiedsgeschenk so süss lächelt wie nie, weil die HipHop-Aufführung einfach der Hammer war und weil der Rücken beim Fussball-Abschiedsturnier (mit einem Elternteil!!) doch gehalten hat.

Und: Der Lichtblick ist nahe. Die Sommerferien winken mit jeder Veranstaltung von näher. Bald kann man die Stunden zählen, bis man irgendwo an einem Strand liegt. Dort beschäftigen sich die Kinder bitte gerne selbst, derweil die Eltern faul auf dem Tuch liegen und nicht ansprechbar sind. Sie haben es sich nach all den Vorübungen für Dezember verdient.

 

(Bild: GRHeute)