tourismus.total: A vous, Monsieur Parmelin!

Am letzten Dienstag meldete der Kanton Graubünden offiziell an, dass er an einer Olympiakandidatur 2026 interessiert ist. Anders als im Konzept «Graubünden 2022» sollen die Spiele nicht nur an zwei Orten, sondern dezentral im gesamten Kanton und darüber hinaus stattfinden. Die Ausgangslage mag sich in den letzten vier Jahren markant verändert haben. Etwas ist allerdings gleich geblieben: Finanzielle Fragen werden die Volksabstimmungen entscheiden.

Es war der 2. Februar 2013 als Ueli Maurer die Worte sprach, die hätten entscheiden können: «Und wenn dann am Ende ein Defizit bleibt, dann übernimmt das der Bund.» Maurer, damals Sportminister, war der wohl mutigste Verfechter einer Olympiakandidatur Graubünden 2022. Ohne einen Bundesratsbeschluss und gegen die Ratschläge seiner Berater und Chefbeamten hatte er mit seiner Aussage das gebracht, was Graubünden 2022 eigentlich brauchte: Finanzielle Sicherheit.

Schon Monate vor dem 2. Februar hatten Gian Gilli und sein Kommunikationschef Christian Gartmann davor gewarnt, dass die offene Frage nach der Übernahme von Defiziten die Vorlage kippen könne. Der Kanton machte um das Thema aber einen grossen Bogen und beim Bund taktierten die Berater und Chefbeamten. Ohne formelle Beschlüsse, so das Mantra, könne eine solche Zusage auf keinen Fall gemacht werden.

Maurers Zusicherung kam am Ende zu spät: Fünf Wochen vor der Volksabstimmung waren die Meinungen vieler schon gemacht. Die Gegner einer Kandidatur hatten die Angst vor einem finanziellen Desaster über Monate gezielt geschürt. Vermeintliche Milliardenverluste, die am Ende beim Kanton hängen bleiben würden, waren vielen ein zu grosses Risiko. Die Vorlage scheiterte.

Politisch war Maurer ein grosses Risiko eingegangen – finanziell fast gar keines. Operative Verluste hatten Olympische Winterspiele schon lange keine mehr eingefahren. Und die Gefahr, dass man sich bei Investitionen – etwa in Eisenbahnprojekte – verrechnen würde, war nicht grösser als bei anderen Projekten auch.

Zurück zum Kandidaturprojekt 2026: Mit der dezentralen Austragung der Spiele sollen noch mehr bestehende Sportstätten genutzt werden. Dafür erhalten die Verkehrsverbindungen und die Netzwerke für den Datentransport eine viel grössere Bedeutung. Es soll gezielt dort investiert werden, wo es langfristig sinnvoll ist. Zudem wird das IOC dem Austragungsort markant mehr Sponsoring-Mittel zur Organisation der Spiele zur Verfügung stellen.

Die finanziellen Perspektiven für eine neue Kandidatur sind also noch besser als vor vier Jahren. Die nötigen Volksabstimmungen in den Bewerbungsregionen werden sie dennoch entscheiden.

Olympische Spiele sind ein nationales Projekt. Gefordert sind deshalb nun der Bund und Swiss Olympic: Unabhängig davon, wer in der Schweiz die Spiele dereinst austragen könnte, muss der Bund rasch finanzielle Spielregeln für die Investitionen und das Durchführungsbudget aufstellen. Dazu gehört auch, dass der Bund ein allfälliges Durchführungsdefizit übernimmt.

Gelingt es nicht, den Stimmbürgern die Angst vor einem finanziellen Waterloo zu nehmen, werden es die Vorlagen schwer haben. Der neue Sportminister ist gefordert: C’est à vous, Monsieur Parmelin!

 

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