Am Mittwoch wurde in Grossbritannien mit der Thronrede der Queen das Parlamentsjahr eröffnet. Die Brexit-Abstimmung vom 23. Juni wurde dabei nur am Rande thematisiert.
Mit dem Versprechen eine Abstimmung über den Status Grossbritanniens in der EU abzuhalten wollte Premier Cameron ursprünglich der euroskeptischen UKIP (United Kingdom Independence Party) das Wasser abgraben. Angesichts des fast schon vernachlässigbaren Wähleranteils der UKIP war das Wahlversprechen vielleicht etwas zu kämpferisch. Denn die Konservativen von David Cameron streiten sich derzeit über das Für und Wider des sogenannten Brexits. Das Lager der Tories spaltet sich angesichts der wichtigen Frage über den Status Grossbritanniens in Europa. Während der Premier selbst für einen Verbleib des Landes in der EU kämpft, setzen sich andere Parteigrössen wie Boris Johnson, ehemaliger Bürgermeister von London, für den Brexit ein.
Am gestrigen 18. Mai wurde in Westminster das offizielle Parlamentsjahr eingeläutet. Zu diesem Anlass spricht traditionellerweise die Königin und stellt in ihrer Rede das Regierungsprogramm des Premierministers für das kommende Jahr vor. Am Mittwoch beinhaltete die «Queen’s Speech» unter anderem eine Gefängnisreform um das veraltete Justizvollzugswesen in England voranzubringen. In Zukunft sollen 5’000 Sträflinge in experimentellen Vollzugsanstalten untergebracht werden, wo diese Ausbildungsprogramme absolvieren können, um die spätere Reintegration in die Gesellschaft zu vereinfachen. Ein weiterer Punkt betraf radikal-islamische Prediger, welche stärker überwacht werden sollen, sei es in der Öffentlichkeit oder Online.
Obwohl die Schicksalsabstimmung am 23. Juni schnell näher rückt, wurde der mögliche Brexit und der Status des United Kingdom in der EU kaum erwähnt. Dies mag vor allem daran liegen, dass das britische Regierungsprogramm stark vom Ausgang dieser Abstimmung abhängt: Sollte sich das Stimmvolk tatsächlich für einen Austritt Grossbritanniens aus der EU aussprechen, wäre die Politik der konservativen Regierung wohl für längere Zeit auch ohne Reformprojekte mit den staatsrechtlichen Folgen des Brexits beschäftigt. Und auch wenn die Leave-Kampagne scheitern sollte, wird der Premier wohl ziemlich beschäftigt sein, die gespaltene Conservative Party wieder zu einen, und seine Versprechen bezüglich dem «Sonderstatus» Grossbritanniens in Europa einzulösen.