Die Rhätische Bahn befindet sich mitten im Umbruch. Auf der einen Seite wartet veraltetes Rollmaterial auf Erneuerung, auf der anderen Seite der starke Franken, der der RhB die Kunden wegfahren lässt.
Retica30 heisst das Prestige-Projekt, mit dem die RhB künftig auffahren will. 27 dieser neuen Komposition sind bestellt worden. Sie kosten zusammen 320 Millionen Franken. 320 Millionen Franken Investitionen, wenn der Jahresabschluss mit 136 000 Franken mit der klassischen schwarzen Null zu Buche schlägt? «Wir haben Fahrzeuge, die deutlich älter sind als wir drei hier vorne», sagte Finanzchef Martin Gredig an der gestrigen Medienkonferenz in Chur. Er meinte damit nicht nur sich, sondern auch Verwaltungsratspräsident Stefan Engler und dessen Stellvertreter und Leiter Infrastruktur Christian Florin. Vor diesem Gesichtspunkt macht eine Erneuerung der Fahrzeugflotte also Sinn.
Insgesamt konnte die RhB letztes Jahr mehr Fahrten mit weniger Fahrzeugen absolvieren. «Das liegt sicher am milden Winter», ist Gredig überzeugt. Ebenfalls positiv hat sich das einstige Sorgenkind Güterverkehr entwickelt: «Wir hatten mehr Ertrag bei weniger Kosten.» Damit hat sich die Repositionierung mit dem 4-Relationen Konzept gelohnt. Dazu kommt eine Flottenreduktion von 400 auf 320 Wagen.
Wie sieht es 2016 aus? Verwaltungsratspräsident Stefan Engler hatte in Zusammenhang mit dem Betriebsergebnis davon gesprochen, dass die RhB «den Bahnhof strampelnd erreicht hat». Es sei zwar in Bezug auf das Betriebsergebnis 2014 (186 000 Franken Plus) nicht erfreulich, es hätte aber noch schlimmer sein können. Für 2016 sieht er das Unternehmen vor beträchtlichen Herausforderungen. So war der Januar ordentlich, der Februar solide.
Doch die grossen Brocken kommen erst: So könnte es eventuell sein, dass mit der Inbetriebnahme der Neat die Besucherströme der Tagestouristen zum Beispiel vom Engadin ins Tessin umgeleitet werden. Letztes Jahr hatte die RhB 1,6 Millionen Franken aus dem EU-Raum verloren. Ausserdem wird der Verteilschlüssel aus den GA und den Halbtax neu definiert. «Sie können sich vorstellen, dass dieser Verteilschlüssel von allen Beteiligten hart umkämpft wird», sagte Stefan Engler. Dazu kommt, wie bereits erwähnt, der nach wie vor schwache Euro.
Es gibt aber auch Lichtblicke. So will die RhB den Unesco-Weltkulturerbe-Tag vom 11. und 12. Juni nutzen, um kräftig die Werbetrommel zu schlagen. So soll an diesem Tag der Albula-Gliederzug offiziell dem Verkehr übergeben werden. Es kann – wie fast jeden Tag im Jahr – die Baustelle des Albula-Tunnels besichtigt werden und am Landwasserviadukt findet ein Brunch statt. Das alles plus noch ein paar andere Massnahmen sollen helfen, den Herausforderungen gewachsen zu sein.
(Fotomontage: RhB)