EHC Chur – EHC Arosa: Der Playoff-Showdown kann beginnen. Vor dem grossen Startspiel heute Abend um 20 Uhr im Churer Hallenstadion hat GRHeute mit dem neuen Chur-Trainer Marc Haueter gesprochen.
Wie bringst Du Privatleben, Geschäft, die Trainings der Elite-Junioren A des HC Davos und den temporären Job als Cheftrainer der ersten Mannschaft des EHC Chur unter einen Hut?
Im Moment habe ich eigentlich wenig bis überhaupt kein Privatleben und das Geschäftliche kann ich selbst einteilen. Zudem stehe ich in Davos während meines Engagements für die Playoffzeit in Chur nicht im Einsatz. Der Fokus ist jetzt ganz klar auf Chur gerichtet. Und wenn man etwas gerne macht, geht sowieso alles viel ringer.
Du hast Deinen Entscheid, Cheftrainer in Chur zu werden, damit begründet, dass das Team grosses Potential aufweise. Kannst Du diese Aussage etwas konkretisieren?
Das Potential deutete sich bereits in der letzten Saison an. Es war eindrücklich, was der EHC Chur damals erreicht hat. Nur der letzte Schritt hat gefehlt. Die Mannschaft kann Eishockey spielen, ist intakt und die Stimmung ist gut. Die Churer Spieler sind vom Eishockey her gute, vom Charakter her aber ganz unterschiedliche Typen, die das Hockeyherz am richtigen Fleck haben und auch für neue Ideen offen sind. Sie haben die ganze letzte Woche hart und konzentriert trainiert und an sich gearbeitet, sodass ich sehr zufrieden bin.
Welchen Eindruck hast Du vom EHC Chur im letzten Spiel der Qualifikation gegen den HC Biasca erhalten?
Mir ist extrem aufgefallen, dass alle miteinander als Gruppe am gleichen Strick gezogen haben und das ist schon einmal eine positive Voraussetzung. Es war insgesamt ein gutes Spiel. Es ist aber kompliziert, die mangelnde Effizienz der Einheimischen zu erklären, denn Eishockey ist an und für sich ein einfaches Spiel, wenn alle vom gleichen reden.
Was für eine Playoff-Serie erwartest Du?
Ich erwarte hart umkämpfte Partien. In den Playoffs muss man immer im Moment leben. Man darf nicht zuviel überlegen, unabhängig davon, ob man gewonnen oder verloren hat. Das ist wirklich so, auch wenn es Phrasen sind. Wie es dann heraus kommt, werden wir sehen.
Was erwartest Du von den Fans im ersten Viertelfinalspiel von heute Abend?
Ich hoffe, dass der erste Playoff-Match die Leute in dieser Stadt mobilisiert. Wenn nicht jetzt, was muss den sonst noch passieren? Ich erwarte von allen Eishockeybegeisterten und vor allem auch von jenen, die es einmal gewesen sind, dass sie ins Hallenstadion kommen und uns unterstützen. Chur als Kantonshauptstadt bietet – etwas provokativ ausgedrückt – weder kulturell noch sportlich viel, um die Leute zu bewegen. Für einen solchen Event sollte man nun aber auch einmal als Stadt zusammenstehen, ins Stadion gehen und die Sportler unterstützen, anstatt immer nur darüber zu reden und dann doch alles abzulehnen. Die Rheinkurve sollte wieder einmal berstend voll sein und vielleicht erleben die Zuschauer ja etwas, das sie nicht erwartet haben. Ich habe vereinzelte SMS erhalten von Leuten, die früher einmal zu den treuen Fans gehörten und die dem Spiel beiwohnen werden. Auch ihre Unterstützung freut mich natürlich sehr. Und es ist eine Tatsache, dass es einen derart prestigeträchtigen Playoff-Viertelfinal wie den zwischen dem EHC Chur und dem EHC Arosa in der 1. Liga sonst nirgendwo gibt.
Was weisst Du über den EHC Arosa?
Ich weiss viel vom Gegner, denn ich habe ihn unter anderem spielen gesehen. Es handelt sich um eine junge, talentierte und hungrige Mannschaft. Ich kenne aber ihre Schwächen und bin deshalb sicher, dass wir ein Rezept gegen sie gefunden haben.
Wie stellst Du Deine Mannschaft auf den Gegner ein?
Das wichtigste ist die Freude, diese Serie spielen zu dürfen, denn das ist ein Privileg. Nur wenige Eishockeyaner können an einer solchen Serie teilnehmen. Und die Freude muss natürlich in das umgesetzt werden können, was wir als Trainerteam vorgeben. Auch wenn alle Spieler berufstätig sind, müssen sie Eishockey leben, sich ein gemeinsames Ziel setzen und es konsequent anpeilen.
Wie steht es um die Fitness bzw. die Gesundheit der Spieler?
Rico Bonorand hat Hüftprobleme, die ihn ausser Gefecht setzen. Auch Andreas John muss diese Saison wegen Schulterproblemen als Spieler abhaken. Er wird die Verteidiger coachen, wie er als Captain vor die Mannschaft gestanden ist. Er übernimmt also eine wichtige Rolle. Zumindest einer der drei Assistenztrainer ist im Training immer dabei. Ansonsten sind alle Spieler fit und brennen auf einen Einsatz.
Bekomme ich nach dem Match ein Interview?
Sicher. Ich werde das immer so handhaben. Wenn beispielsweise ein Journalist Fragen hat, ist er jederzeit willkommen. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Für mich gehört einfach dazu, dass man miteinander spricht. Und wenn negativ geschrieben wird, weil die Leistung nicht stimmt, so ist das für mich absolut in Ordnung.
Sind die Medien nicht zu negativ?
Es wird in den Medien schon viel Negatives geschrieben, aber zum Teil ist das auch von den Clubs gesteuert. Wenn Medien anfragen und keine Antworten erhalten, so muss man sich nicht wundern, wenn die Sympathien in eine andere Richtung driften. Es ist menschlich, genau so zurückzugeben, wie man behandelt wird. Bei Interviews bin ich vorsichtig. Damit es keine Missverständnisse und Probleme gibt, müssen sie deshalb immer von mir gegengelesen werden. Oft sind diejenigen, die den Beruf des Sportjounalisten ausüben, Fans, die gerne schreiben und/oder früher selbst Sport getrieben haben. Sie geniessen es zweifellos, mit Cracks wie Andres Ambühl zu sprechen. Wenn man aber einen Journalisten beleidigt, schreibt er nachher sicher negativ und sitzt vor allem immer am längeren Hebel.
Bist Du optimistisch, was das erste Spiel bzw. die Serie anbelangt?
Ja, sehr!
Wie sieht die Zukunft aus?
Mein Fokus und meine Konzentration sind hockeytechnisch kurzfristig auf die heutige Begegnung ausgerichtet. Alles andere ist noch weit weg. Ich bin dankbar, dass ich in Davos mit Anders Olsson zusammenarbeiten konnte, denn er ist als Spielerausbildner einer der drei Toptrainer in Europa. Auch seine Beziehungen sind beeindruckend, wie Besuche des U18-Nationaltrainers Schwedens und des Chefscouts der Montreal Canadiens beweisen. Er sprach mit mir und ich begann so auf Details zu schauen, die ich vorher nie beachtet hatte, obwohl ich 20 Jahre lang Eishockey gespielt habe. Es ist eine Ikone und 24 Stunden mit Eishockey beschäftigt.
Bei uns wäre unbedingt ein Umdenken notwendig, weil Zusammenarbeit nicht bedeutet, nur Geld zu erhalten und trotzdem sein eigenes Ding zu machen. Auch in der Region Zürich brauchte das seine Zeit. Nach der Fusion von GC mit dem ZSC und der Namensänderung war die Hölle los und die Leute haben sogar auf der Strasse protestiert. Dafür sind dann die meisten Spieler der letzten Meistermannschaft aus dem eigenen Nachwuchs gekommen. Man muss also den Jungen nur die Chance bieten, Eishockey zu spielen. In der Westschweiz machen sie das so und der Erfolg wird ihnen recht geben. Auch bei uns unterstützen sich der EHC Chur und der HC Davos gegenseitig, denn die Zusammenarbeit funktioniert. Man müsste sie einfach endlich einmal klar erläutern und Klartext reden, aber man will die Leute nicht verärgern. Ein 16-jähriges Talent, das beispielsweise bei Chur in der 1. Liga spielt, könnte wenige Jahre später am Spengler Cup zum Einsatz kommen oder sogar in den NHL-Draft gelangen. Schafft ein Spieler diesen Schritt aber aus irgend welchen Gründen nicht, kann er zu seinem Ausbildungsverein zurückkehren und dieser profitiert davon.
Marc Haueter als Aktivspieler
Verteidiger – 25.6.1972 – 178 cm/81 kg – Stationen: Illnau-Effretikon, EHC Arosa, SC Rapperswil-Jona, GC, ZSC Lions, GC, EHC Chur
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(Bild: ehcfans.ch/EQ Images)