GRHeute geht der Frage nach, wie gross man sein muss/sollte, um erfolgreich Basketball oder Volleyball zu spielen.
Im Basketball muss der Ball in den Korb geworfen, gelegt oder gestopft werden. Die Körbe mit den dazugehörigen Brettern hängen an beiden Schmalseiten des Spielfelds auf einer Höhe von 3,05 m über dem Boden. Im Volleyball versuchen beide Mannschaften, den Ball so über das straff gespannte Netz zu spielen, dass er den Boden berührt oder den Gegner zu einem Fehler zwingt. Die obere Netzkante hängt bei den Männern 2,43 m und bei den Frauen 2,24 m über dem Boden. Bei diesen Höhenvorgaben liegt eigentlich die Vermutung nahe, dass die Körpergrösse in beiden Sportarten eine bedeutende Rolle spielt. Bevor wir der Frage nachgehen, ob dies zutrifft, werfen wir zuerst einen Blick in andere Sportarten.
Nicht nur Riesen schaffen Grosses
Lionel Messi, unter anderem Olympiasieger mit Argentinien, siebenmal spanischer Meister und vierfacher Champions-League-Sieger mit dem FC Barcelona sowie Rekordtorschütze der Primera Division, wurde 2015 einmal mehr zum weltbesten Fussballer gewählt. Er ist mit einer Körpergrösse von 1,69 m nun wirklich kein Riese, macht dieses Manko aber mit anderen Qualitäten mehr als wett. Messi gilt als hervorragender Dribbler, dem zudem eine hohe Spielintelligenz und hervorragende Übersicht auf dem Spielfeld zugesprochen wird.
Lino Martschini ist ein erfolgreicher Eishockeyspieler beim EV Zug sowie Nationalspieler. Seine für die körperbetonte Sportart doch recht bescheidene Grösse von 1,67 m hinderte ihn nicht daran, in der letzten Saison der beste Schweizer in der NLA-Scorerliste zu sein. Dabei nimmt der 65 kg schwere Tempoflügel die gegnerischen Abwehrreihen jeweils mit Speed, Stocktechnik und Spielintelligenz auseinander und verblüfft zudem mit Coolness und Präzision im Abschluss. Und Stefan Holm, ehemaliger schwedischer Hochspringer und Olympiasieger, überquerte im Freien 2,37 m und in der Halle sogar 2,40 m, womit er seine eigene Körpergrösse von 1,81 m um mehr als einen halben Meter übersprang. In vielen Sportarten können demnach zu wenig Kilos und fehlende Zentimeter durch andere Faktoren wettgemacht werden. Wie sieht es nun aber im Basketball und im Volleyball aus?
Die Aufmüpfigen im Reich der Giganten
Wie in zahlreichen anderen Sportarten stehen auch im Basketball und im Volleyball oft die Spielerinnen und Spieler im Rampenlicht und sind die vergötterten Stars, die ganz einfach einen gelungenen Angriff spektakulär abschliessen, sei es mit einem Dunk oder aber mit einem knallharten Smash. Wer die optimale Vorarbeit geleistet hat, ist meist von geringem Interesse. Dabei wäre ohne diese der Abschluss vielleicht gar nicht möglich gewesen.
Der Erfolg im Basketball hängt deshalb nicht allein von der Körpergrösse ab, das heisst, ein Basketballer muss nicht generell gross gewachsen sein, um gut spielen zu können. Es ist zwar zweifellos von Vorteil, wenn man beim Wurf nicht gross springen muss. Anderseits sind kleinere Spieler nicht selten dynamischer, agiler und schneller und können dadurch den Nachteil wieder ausgleichen.
Zumeist ist der Center der längste und körperlich stärkste Spieler eines Basketballteams, wobei sich seine Aufgaben fast ausschliesslich auf die Arbeit in der Zone, also direkt unter dem Korb beschränken. Diese Position ist am schwersten zu besetzen, da athletische und zugleich technisch versierte Spieler eher selten sind. Typischer Vertreter dieser Gattung und jahrelang weltweit bester Center war der vierfache NBA-Champion Shaquille O’Neal, der 2011 zurückgetreten ist. Dieser beeindruckte nicht nur durch seine Körpergrösse von 2,16 m, sein Gewicht von 147 kg und seine Schuhgrösse 60, sondern auch durch seine aussergewöhnliche Kraft verbunden mit einer erstaunlichen Beweglichkeit.
Demgegenüber war Earl Boykins, der O’Neal gerade mal bis zum Bauchnabel reichte, mit 1,65 m der damals kleinste Akteur in der NBA. Der wirblige Spielmacher dribbelte seinen Gegnern Knoten in die Beine und erzielte durchschnittlich fast 14 Punkte pro Match. Der 1,60 m grosse Muggsy Bogues war der kleinste NBA-Spieler aller Zeiten. Er kämpfte nicht weniger als 14 Jahre in der härtesten Basketball-Liga der Welt und war lange Zeit einer der besten Vorlagengeber. Der heute noch aktive Nate Robinson, 1,75 m grosser Point Guard, verfügt über einen bulligen Körper und eine sagenhafte Athletik. Denn die enorme Sprungkraft erlaubt ihm, sich aus dem Stemmschritt 1,10 m in die Höhe zu katapultieren und so spektakulär zu dunken.
Wie aus dieser unvollständigen Aufzählung deutlich hervorgeht, wissen sich die Kleinen also durchaus zu behaupten und sind auf der Spielmacherposition an der Tagesordnung. Auch bei Chur Basket findet man erwartungsgemäss Spielerinnen ganz unterschiedlicher Körpergrösse. Die ein Zwischenjahr einlegende, 1,57 m grosse Albina Mollakuqe bestach jeweils durch ihre Schnelligkeit und Wendigkeit, während demgegenüber Leonie Kambach zwar sehr talentiert ist, sich aber trotz ihrer Körpergrösse von 1,84 m auch zukünftig durch konsequentes und hartes Training noch in allen Bereichen verbessern kann und muss.
Die Spezialisierung eröffnet neue Möglichkeiten
Auch im modernen Volleyball ist der Grundsatz eigentlich klar: Je grösser, desto besser.
Vor allem im Angriff und beim Block ist die Bedeutung der Körpergrösse logischerweise nicht zu unterschätzen, denn ein gross gewachsener Spieler muss weniger hoch springen, hat dadurch sofort wieder Bodenkontakt und kann deshalb schneller reagieren. Bei anderen spielbestimmenden Elementen wie Abnahme, Pass und Feldverteidigung können dagegen kleinere Spieler ihre körperlichen Defizite durch Fähigkeiten wie Technik, Athletik, Schnelligkeit und Beweglichkeit mehr als kompensieren. Als Angreifer hat man vermehrt Möglichkeiten, sich mit attraktiven Angriffen zu profilieren und Selbstvertrauen zu tanken.
Anderseits werden viele gelungene Aktionen des Liberos und des Passeurs wie eine gute Serviceabnahme oder ein genauer Pass als selbstverständlich vorausgesetzt. Dabei trifft gerade letzterer die wichtigsten Entscheidungen für den nächsten Angriff seines Teams, das heisst wer mit was für einem Ball angreifen wird und setzt den betreffenden Mitspieler mit seinem Zuspiel ein. Die Spezialisierung stellt eine riesige Chance dar, denn niemand ist zu klein, Volleyballer zu sein. Auch im Volleyball sind Motivation und Wille, regelmässig und zielgerichtet zu trainieren und sich damit stetig zu verbessern, wichtiger als Talent und körperliche Voraussetzungen.
Bei den Frauen von Volero Zürich, die in diesem Jahr erstmals die Champions League für sich entscheiden wollen, prallen nicht nur Spielerinnen verschiedener Nationen, sondern auch ganz unterschiedliche Spielertypen zusammen. So beispielsweise die 1,96 m grosse Aussenangreiferin Natalya Mammadova, die aus Aserbaidschan stammt und die 1,70 m grosse amerikanische Passeuse Courtney Thompson, während die drei Schweizerinnen im fünfzehnköpfigen Kader eine doch eher untergeordnete Rolle spielen.
Auch bei Rätia Volley bestehen diese positionsspezifischen Unterschiede. Während die 1,83 m grosse Aussenangreiferin Nicole Meisser vor allem für den Abschluss der Angriffe zuständig ist, besteht die Hauptaufgabe der 1,65 m grossen Passeuse Jelena Gruber – nebst dem Routinegewinn – in der Organisation und einem möglichst genauen Zuspiel.
Die Frage nach der Bedeutung der Körpergrösse im Basketball und im Volleyball ist somit nicht einfach zu beantworten, denn die Vor- und Nachteile halten sich je nach Position und Aufgabe mehr oder weniger die Waage.
Dass auch Kleine mit den Grossen mitspielen können, zeigt auch das folgende Video aus den USA.
(Bilder: EQ Images/Melanie Duchene/Jona/Icon)