Kritik und Erlebnisbericht zum Patent-Ochsner-Konzert in Arosa.
Um 19.30 fuhr ich im verschneiten Arosa ein und fühlte mich ein bisschen im falschen Film. Auf dem Postplatz stand eine mittelgrosse Bühne und ein paar wenige Leute standen davor. In einer Stunde sollte es losgehen und doch war die Menschenmenge zu diesem Zeitpunkt überschaubar. Kaum eine halbe Stunde später hatte ich dann aber auf einmal gröbere Mühe, überhaupt noch einen anständigen Platz zu ergattern.
Dann endlich, kurz nach halb neun, ging das Licht aus und der proppenvolle Postplatz verwandelte sich in ein Volksfest. Querbeet durch alle Altersschichten feierten Menschen mit den Mundartstars eine heisse Party. Ich konnte endlich ein grosses Manko in meiner Konzerthistorie beheben. Denn seit der ersten CD «Gmües», die ich mir kurz nach dem Millennium gekauft hatte, bin ich infiziert von den bewegenden Songs der Band. Bisher war ich jedoch immer verhindert, wenn sie in der Gegend spielten. Somit allerhöchste Zeit, sich endlich ein Konzert der Kultband zu gönnen.
Patent Ochsner begann mit dem Instrumentalstück «The Six Billion Dollar man» und legten dann gleich mit «Varazza» einen Klassiker nach. Büne Huber begrüsste zum selbstbetitelten Höllenritt, denn Gitarren und Bläser würden sich an diesem Abend, respektive bei dieser Kälte, dermassen verstimmen, dass dieser Auftritt eher nach Guggenmusik tönen würde. Er schwelgte in Nostalgie, als er davon sprach, dass sonst normalerweise eine Affenhitze auf der Bühne herrsche, hervorgebracht durch die vielen Scheinwerfer. Doch am heutigen Abend seien sie auf dem neusten Stand der Technik und hätten LEDs dabei. Diese jedoch würden die fast schon angefrorenen Künstler auf der Bühne überhaupt nicht wärmen, so könne man sich heute Abend eigentlich nur auf den Engelsgesang der Beteiligten verlassen.
Passend zu den eisigen Temperaturen: «Guet Nacht, Elisabeth» .
Es folgten Klassiker en Masse, von «Fischer», über «Bälpmoos» bis zur obligaten «W-Nuss». Ein Grossteil der Menschenmenge sang Wort für Wort frenetisch mit. Die Kälte wich der Euphorie, ich bekam Gänsehaut von Kopf bis Fuss, als die Bigband «Trybguet» spielte. Das gibt es bei mir selten, dass mir an einem Konzerte Freudentränen in die Augen schiessen. Es war einfach unglaublich, wie von einem anderen Stern.
Alles so vertraut und doch alles so aufregend neu. Ein Durcheinander an Glücksgefühlen, welches mich tief drinnen berührt und zeitweise richtig übermannt hat. Patent Ochsner, das hat gesessen. Ich fühlte mich wieder wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal eine CD hört.
Büne Huber, der grosse Geschichtenerzähler:
Es lag etwas Magisches in der Luft, die Menge war gefesselt von der unglaublichen Energie der Berner. Schlussendlich spielten die Jungs mit ihren zwei weiblichen Mitmusikerinnen satte eineinhalb Stunden ein grosses Hit-Potpourri, es fühlte sich letztendlich aber eher wie eine halbe Stunde an; ich war wie in Trance.
Ich musste nach dem Konzert wieder rasch auf die Schiene kommen, denn ich wollte ein Interview mit Büne Huber ergattern. Das Vorhaben war dann doch ein klein wenig hoch gesetzt. Ich würde sagen, Büne Huber nach einem Konzert kurz zu erwischen, ist wie mit Jesus ein Selfie an Ostern zu schiessen. Ich hatte Geduld bei diesen gefühlten 200 Grad unter null, doch die Menschenmenge hatte ihn verschluckt. Jetzt war ich noch ehrgeiziger geworden und folgte dem Schlagzeuger Andy Hug, welcher ebenfalls bei Stop the Shoppers Mitglied ist. Im kurzen und relativ spontanen Interview, gehalten im Laufschritt Richtung Unterkunft der Band, verriet er mir, dass sie sehr grosse Freude am Auftritt hatten, er jedoch persönlich kein grosser Fan von Gratiskonzerten sei. Er befände es beängstigend und traurig, dass Musik in den letzten Jahren als Gratisware abgewertet wurde und die Leute heutzutage nicht mehr bereit wären, für eine für sie wichtige Sache zu bezahlen. Mit Patent Ochsner werde es jetzt weitergehen, Stop the Shoppers sei vorläufig auf Eis gelegt, was sicherlich auch daran liegt, dass Leadsänger Schmidi Schmidhauser schwer mit seinem Baby «Chica Torpedo» beschäftigt ist. Er wies mich beim Abschluss noch freundlich darauf hin, doch bitte auch nach Chur zu kommen, dort hätten wir dann vielleicht ein wenig mehr Zeit zu sprechen. Ausserdem seien sie im Sommer noch auf der Lenzerheide zu Gast anlässlich der Veranstaltung «Das Zelt».
Ein herrlicher Abend ging zu Ende. Patent Ochsner hatten es geschafft, trotz widerwertiger Bedingungen eine grandiosem, vielfältige Show abzuliefern und viele Menschen glücklich zu machen. D’W.Nuss vo Bümpliz isch schön wia Arosa im Schnee! Schön wars! Wir sehen uns in Chur. Bis bald!
Weitere Infos: www.patentochsner.ch
Kommende Auftritte in Graubünden: 20.02.2016 Marsöl Chur,
28.07.2016 Lenzerheide Das Zelt.
(Bilder: Chris Bluemoon)