«Everyone has a plan until they get punched in the mouth», wird Mike Tyson zitiert. Als Schlag ins Gesucht muss Donald Trump (Bild) das Ergebnis in Iowa empfunden haben. Trotz Führung in den Umfragen wurde er von Ted Cruz geschlagen. Und auch Hillary Clinton konnte ihren Vorsprung in den Polls nicht wie erwartet in Wählerstimmen umwandeln und gewann nur knapp vor Bernie Sanders.
Die Schadenfreude in der Twittergemeinde ist gross. Besonders gerne wird ein Tweet von Trump von Ende 2013 retweetet: «No one remembers who came in second.» Nun ist er tatsächlich Zweiter geworden und der Spott ist dem «Immergewinner» sicher.
Zahlenmässig ist die Wahl nicht gross von Bedeutung. Für eine Nomination benötigt ein Kandidat 1‘237 Delegiertenstimmen. Nach Iowa führt nun Cruz mit 8 vor Trump und Rubio mit je 7 Delegiertenstimmen.
Viel entscheidender ist das Signal, das die erste Vorwahl aussendet. Trumps Nimbus von «ich gewinne sowieso», «ich könnte auf der Strasse jemanden erschiessen und die Leute würden trotzdem für mich wählen» und «niemand erinnert sich an den Zweiten» wirken plötzlich in einem anderen Licht. Und wenn Trump nun seinen zweiten Platz schönredet, so hört sich das wie der «politcal talk» an, den er über Monate hinweg verhöhnt hat.
Vielfältige Gründe für Trumps Niederlage
Mit dem Verzicht auf die letzte Debatte war Trump zwar wieder Medienmittelpunkt vor der Debatte, nicht wenige Medien betrachten dies jedoch als strategischen Fehler, weil er damit erstmals den anderen Kandidaten Gelegenheit bot, ihre Positionen zu erklären, ohne dass sich alles um Trump drehte.
Dann wird allgemein anerkannt, dass Ted Cruz über das beste Groundgame verfügt. So führte Cruz 91 Veranstaltungen (Trump 34) durch, war 41 Tage in Iowa am Händeschütteln (Trump 25) und verfügte über doppelt so viele freiwillige Helfer wie Trump.
Mit ein Grund könnte auch die Wahlform des Caucus sein. Trumps Events lockten jeweils ein Mehrfaches an Publikum der anderen Kandidaten an. Die Show ist imposant und die Haudrauf-Voten von Trump bieten beste Unterhaltung. Die «Make-America-great-again-Stimmung» passt den Amis einfach. Vom Erlebnis her ist ein Event von Trump mit einem Superbowl oder einem Springsteen-Konzert vergleichbar. Für den Caucus muss man sich jedoch registrieren und dann stundenlang vor und in einer Halle warten, bis endlich gewählt ist – nicht unbedingt die Wahlform für den Amerikaner, der gerne eine gute Show konsumiert und die Faust im Sack gegen das politische Etablissement macht.
Und zu guter Letzt dürfte auch der starke Endspurt von Marco Rubio Trump einige Stimmen gekostet haben. Während die Umfragen Rubio knapp 17% der Stimmen voraussagten, ist er mit 23% (+6%) der Stimmen der «relative» Gewinner dieser Vorwahl. Mit 28% der Stimmen verwandelte Cruz seinen 5-Prozentpunkte Rückstand in den Polls in einen 4-Punkte-Sieg über Trump.
It’s all about the momentum
Und so wird der Ausblick auf die nächsten «early states» sehr interessant. In New Hamphire und South Carolina liegt Trump in den Umfragen weit vor Cruz und Rubio. Trump wird diese beiden Staaten für sich entscheiden – die Frage ist, mit welchem Vorsprung er dies tun wird.
Geht man von den gleichen Gewinnen und Verlusten wie in Iowa aus, so wird Trump beide Staaten deutlich für sich gewinnen. Cruz und Rubio liefern sich dann ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Platz.
Geht man nun aber davon aus, dass das gekehrte Momentum Trump weiter Stimmen kosten wird sowie Cruz und Rubio als Gewinner weitere Anhänger begeistern können, so könnte New Hamphshire und South Carolina doch noch knapper werden als heute vorausgesagt. Weiter kann man sich fragen, ob Cruz vielleicht wirklich die bessere Strategie und Organisation hat und ob Rubio nun sein «republikanischer-Obama-Potential» in ähnliche Begeisterung, wie damals Obama, in Wählerstimmen ummünzen kann?
So oder so werden die nächsten Vorwahlen bei den Republikanern das Feld bei den Republikanern weiter ordnen. Und weil sich die Amerikaner etwas sprunghaft gerne mit den Siegern umgeben, haben die Vorwahlen bis zum Super Tuesday am 1. März fast schon vorentscheidenden Charakter für das Momentum am Super Tuesday.
Wichtiger Sieg für Clinton
Knapper als vorausgesagt und nur hauchdünn sicherte sich Hillary Clinton den Sieg bei den Demokraten. Um acht Uhr abends lag sie noch sieben Prozentpunkte vorne. Um halb elf erklärte sie sich (ziemlich verkrampft) zur Siegerin, noch bevor die offiziellen Ergebnisse vorlagen. Ihr Glück, dass sie am Schluss einen Vorsprung von 0.2% über die Ziellinie retten konnte.
Insbesondere bei den jüngeren Demokraten gewann Bernie Sanders viele Stimmen gegenüber Clinton. Der Sozialist wird bei den demokratischen Wählern (und vor allem bei den Jungen) als echter Reformer angesehen, während Clinton für viele für die bestehende Politik steht, womit so viele Amerikaner unzufrieden sind.
Clinton steht vor einem Dilemma. Um im Wählerlager von Sanders zu punkten, muss sie weitere Zugeständnisse nach links eingehen. Bereits vor Iowa hat sie die Finanz- und Ölindustrie (für sie ungewohnt) scharf kritisiert. Damit vergrault sich aber die Mitte, auch welche sie bei einer Nomination im Wahlkampf gegen die Republikaner angewiesen sein wird.
2008 kam Obamas «yes-we-can-Welle» mit dem Sieg in Iowa erst richtig ins Rollen. Das Déjà-vu konnte Clinton gerade noch verhindern. Auch wenn der Sieg nur hauchdünn war, so hat sie den «Momentum-Flip» verhindert und darf die kommenden Vorwahlen als Siegerin etwas entspannter angehen.
Die nächsten Vorwahlen in New Hampshire und South Carolina könnten gegensätzlicher nicht sein. In New Hampshire führt Sanders (55.5%) mit deutlichem Vorsprung vor Clinton (37.5%), in South Carolina ist es genau umgekehrt: Clinton erreicht dort Umfragewerte von 62%, während Sanders bei 32.5% liegt.
Auch bei den Demokraten wird das Momentum in den nächsten Tage und Wochen eine wichtige Bedeutung haben. Interpretieren die Amerikaner Clinton als Siegerin in Iowa, so kann sie auch New Hampshire verlieren. Mit dem Sieg in South Carolina (und später Nevada) wird sie gestärkt in den Super Tuesday gehen. Und da wird sich die «Geldmaschine» von Clinton gegen Sanders durchsetzen und ihr die Vorentscheidung um die Nomination bringen.
Interessant würde es, wenn die missglückte Siegesrede von Clinton und das gute Abschneiden von Sanders das Momentum für Sanders weiter stärken würde. Dann könnte nämlich der Sieg in New Hampshire erdrutschartig sein, in South Carolina zu einem knappen Resultat führen und dann wäre der Super Tuesday wirklich lanciert. Würde dann zusätzlich noch der Email-Skandal um Clinton neue Erkenntnisse bringen, so wäre das Rennen bei den Demokraten, trotz massiv ungleicher finanzieller Möglichkeiten, plötzlich offen.
Viel zu frühe Prognose
Trotz der missglückten Fiorina-Prognose wagen wir hier eine viel zu frühe Prognose zu den Chancen für die Nomination und die Wahl zur Präsidentin oder zum Präsident.
Nomination Republikaner:
Trump (34%), Cruz (33%), Rubio (33%)
Nomination Demokraten:
Clinton (60%), Sanders (40%)
Präsidentenwahl:
Clinton (60%) vs. Trump (40%)
Clinton (50%) vs. Cruz (50%)
Clinton (40%) vs. Rubio (60%)
(Bild: Wikipedia)