Sportlicher Erfolg ist nicht planbar

Der Montagskommentar auf GRHeute.

 

Vor rund zehn Tagen schien die Aroser Eishockeywelt, zumindest vom Tal aus gesehen, trotz der anhaltenden Formbaisse und der daraus resultierenden Niederlagenserie der ersten Mannschaft in der Masterround noch einigermassen in Ordnung zu sein. Doch dann kam das verrückte Derby gegen den EHC Chur, das wohl in die Sportgeschichte eingehen wird. Ein Spiel, das die Aroser nach einer 5:0-Führung eigentlich auf keinen Fall mehr hätten verlieren dürfen. Doch sie taten es, weil sie den Spielbetrieb – aus für den Aussenstehenden absolut unverständlichen Gründen – nach 31 Minuten mehr oder weniger eingestellt und das Spieldiktat dem scheinbar schon geschlagenen Gegner überlassen hatten. Das Resultat ist bekannt und der darauf folgende Spott und Hohn aus dem Tal tönte fürchterlich.

In einem Interview mit Lutta Weidacher, dem Präsidenten des EHC Arosa, vor einer Woche sagte dieser unter anderem: «Viel trainieren ist ein wichtiger Teil unseres Konzepts. Irgendwann muss sich das harte Training dann aber auch resultatmässig positiv auswirken, spätestens in den Playoffs. Die Müdigkeit kann sicher mit ein Grund sein für unsere gegenwärtige sportliche Baisse.» Im Zusammenhang mit dem Projekt in Arosa machte er zudem die wichtige Aussage: «Sportlicher Erfolg ist nicht planbar!»

Aufgrund dieser vernünftigen und für mich nachvollziehbaren Aussagen war ich zu jenem Zeitpunkt der Meinung, dass die Verantwortlichen den Karren im Griff hätten. Als ich dann aber am darauffolgenden Montag von der Degradierung des damaligen Cheftrainers des EHC Arosa, Marcel Habisreutinger, Kenntnis erhalten hatte, war ich doch sehr überrascht. Diesen hatte man bekanntlich bereits im vergangenen Sommer einmal abgesägt, später dann aber wieder eingestellt.

Man lobte zwar nochmals Habisreutingers erfolgreiche Arbeit sowie seinen geleisteten Einsatz und seine Verdienste, ersetzte ihn aber – für die entscheidenden Spiele der Meisterschaft und um dem Team neuen Schub zu geben – durch den ausgewiesenen und im Nachwuchsbereich sehr erfolgreichen Eishockey-Fachmann Hermann Bruderer. Dieser erwies sich kurze später aber auch nur als eigentlicher Steigbügelhalter für den früheren EHC Arosa-Trainer Dave Tietzen, der als temporärer Feriengast den Schanfiggern seine freundschaftiche Hilfe angeboten hatte. Und der EHC Arosa profitiert laut offiziellem Ice Hockey Blog selbstredend gerne von dessen grossem Eishockey-Erfahrungsschatz und Inputs. Offiziell als Trainer arbeiten darf Dave Tietzen wegen der fehlenden Arbeitsbewilligung aber anscheinend nicht.

Daher weht also der Wind. Langsam wird einiges klar. Ich frage mich nur noch, ob die Verantwortlichen die Geduld verloren haben, ob ganz einfach die Pferde mit ihnen durchgegangen sind oder ob die ganze Schmierenkomödie von langer Hand geplant gewesen ist? Für mich war das jedenfalls ganz schlechter Stil.

Nach dem Derby vom letzten Samstag in Chur, das die Aroser vor einer enttäuschend geringen Zuschauerkulisse gegen ein masslos enttäuschendes Heimteam absolut verdient für sich haben entscheiden können, schreiben die Verantwortlichen des Siegerteams im Matchbericht auf der Homepage von einer abgebrühten, ruhigen und cleveren und reifen Leistung. Was da so ein Tourist innert weniger Tage bewirken kann!

Hätten die Churer aber zwischendurch bei ihren vielen Chancen auch einmal das Tor getroffen, hätte das Spiel durchaus auch einen anderen Verlauf und Ausgang nehmen können. Der Sportredaktor einer bekannten Tageszeitung geht in seiner Matchanalyse hart ins Gericht – ausgerechnet mit der Mannschaft, für die er nach der letzten Saison noch als klare Zielsetzung den Gewinn des Schweizer Amateur-Meistertitels oder zumindest des Ostschweizer Meistertitels hinausposaunt hatte und die EHC’ler sich geschmeichelt gefühlt hatten. In einem muss ich diesem Eishockey-Fachmann beipflichten: Die Churer sind meilenweit entfernt von dieser Zielsetzung, was aber nicht nur mit den Verletzten zu erklären ist. In der derzeitigen Verfassung – defensiv träge, ohne klar ersichtliches System, mit wenig Selbstvertrauen und mit trotz riesigem Aufwand geringem Ertrag – werden die Playoffs für den vermeintlichen Favoriten wohl bald zu Ende sein.

Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen des EHC Chur auch einmal im heimischen Tourismus umsehen, ob nicht auch bei uns im Tal unten ein ausgewiesener Eishockey-Fachmann, der seine Dienste freundschaftlich anbietet und praktisch alle Probleme löst, zufälligerweise seine Ferien verbringt.

 

(Bild: ehcfans.ch)