Bündner Finanzhaushalt: Der Wind weht härter

Die Bündner Regierung hat am Montag den Finanzplan für die Jahre 2017 bis 2020 verabschiedet. In erster Linie geht es darum, die schwierige Wirtschaftssituation mit soliden Finanzen zu überstehen und gleichzeitig den Wirtschaftsstandort Graubünden weiterzuentwickeln. Keine einfache Aufgabe.

Die Bündner Regierung hat am Montag ihren Finanzplan für die Jahre 2017 bis 2020 vorgelegt. Nicht weniger als 31 strategische Absichten und 33 Entwicklungsschwerpunkte mit einer Vielzahl konkreter Massnahmen wurden ausgearbeitet. Zurzeit geht es Graubünden dank einer soliden Eigenkapitalbasis noch gut, die Zeiten werden aber härter. Das jährliche Defizit wird 2015 50 Millionen betragen, 2019 bereits 100 Millionen Franken. «Wir hoffen natürlich, dass sich die Situation verbessert», so Finanzministerin Barbara Janom-Steiner, «wenn nötig, müssen wir aber ab 2018 ein Sparpaket in Betracht ziehen.» Auch eine Erhöhung der Kantonssteuern um 5% ist denkbar.

Sieht man auf das Ausgabenwachstum der Jahre 2008-2014 zurück, fällt auf, dass die Spitäler (+58%), die soziale Unterstützung (+46%) und die Volksschulen (+33%) in den letzten sechs Jahren am meisten neue Kosten verursacht haben. Für die Jahre 2016-2020 darf das Gesundheitswesen mit dem grössten Ausgabenwachstum rechnen (von +4.9% für Pflegeheime bis +133% für übrige Gesundheitskosten). Auch die Landwirtschaft (+31.8%) kann grössere Zuschüssen erwarten.

Als Kernthemen werden von 2017 bis 2020 prioritär behandelt:

1. Tourismus

Der Kanton setzt auf die Förderung des Sommer-Tourismus. In den nächsten vier Jahren Projekte werden Projekte der Wirtschafts- und Tourismusförderung mit 80 Millionen Franken unterstützt. «Der Winter-Tourismus ist ziemlich ausgeschöpft, es hat fast zu viele Angebote», erklärte Regierungspräsident Martin Jäger gegenüber Radio SRF, «aufgrund des Klimawandels wird der Sommer-Tourismus ein immer stärkeres Gewicht bekommen.» (Randbemerkung: Nein, das bedeutet nicht Olympische Sommer- statt Winterspiele.) Auch der internationale Gesundheitstourismus soll in den nächsten Jahren stärker gefördert werden.

2. Wasserkraft

Sauberer Strom ist in, insbesondere seit die Schweiz und Europa den Markt einzelner alternativer Energien mit Subventionen überschwemmt. Für die natürliche Energiequelle Wasserkraft, eine der bedeutenden wirtschaftlichen Faktoren für Graubünden, ein schwerer Schlag: Seit den staatlichen Einschüssen vor allem in Wind- und Sonnenenergie sind die Energiepreise zusammengebrochen. Der Kanton hilft der Wasserkraft auch zukünftig nicht mit mehr Geld unter die Arme, sondern will auf politischem Weg handeln. Ziel ist, dass bei der Neuverhandlung der Wasserzinsen in fünf Jahren mindestens die gleichen Bedingungen herausgeholt werden wie heute.

3. Wirtschaftsentwicklung

Der Kanton Graubünden will stärker in die Wirtschaft eingreifen, was sie mit der Übernahme des ehemaligen Sägereiwerks in Domat/Ems bereits bewiesen hat – nicht zur Freude aller. In ihrer Botschaft an den Grossen Rat schreibt sie als Massnahme: «Evaluation, Erwerb und Erschliessung von Grundstücken von strategischer Bedeutung.» Und weiter: «Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel für einen Erwerb zu Marktkonditionen.» Will heissen: Der Kanton wird in Zukunft verstärkt als unabhängiger Player mit öffentlichen Geldern in der Bündner Wirtschaft mitmischen.

4. Lebensraum Graubünden

Attraktive Wohn- und Arbeitsplätze in Graubünden gehören zu den Hauptzielen der Kantonsregierung. Dazu gehören gemäss Botschaft «die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die erfolgreiche Bewältigung der Migration. Vor dem Hintergrund des Kriminaltourismus ist es ein wichtiges Anliegen der Regierung, die öffentliche Sicherheit zu gewähren und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu erhöhen.» Dazu setzt sie auf kommunale Solidarität. Kosten, die den Gemeinden für Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen entstehen, sollen zwischen Aufenthaltsgemeinden und anderen Gemeinden aufgeteilt werden.

5. Nachhaltige Entwicklung

Die ausgelutschte Worthülse soll genau das nicht sein. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die ökologische Verantwortung und die gesellschaftliche Solidarität sollen nach dem Finanzplan des Kantons Voraussetzung für die Unterstützung aller Projekte sein.

Wer sind die Gewinner und Verlierer?

Als Gewinner darf sich zum einen der Kanton Graubünden selbst fühlen. Am Verwaltungsgebäude Sinergia wird nicht gerüttelt, nächstes Jahr sollen die Bauarbeiten beginnen. Auch dem Neubau des Gefängnisses Realta Cazis wird hohe Priorität eingeräumt. Ein starkes Zeichen bekam auch der Bildungsbereich, wo man den demografischen Wandel aktiv angehen will. Die HTW Chur profitiert dabei mehr in der Forschung als bei den Investitionen: Der geplante Campus wird mit den gesprochenen 41 Millionen nur schwer realisierbar sein und wird wie auch die Neubauten der landwirtschaftlichen Schule Plantahof in Landquart nach hinten gestellt. «Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen», verspricht Jäger.

Mit mehr Beiträgen darf auch die Landwirtschaft rechnen, dafür dürften Sport- und Kulturförderer keine Freude an der Botschaft der Regierung haben: Sie werden in den nächsten Jahren tendenziell weniger Geld vom Kanton erhalten.

 

Wofür Graubünden mehr oder weniger ausgeben will
Finanzplan

 

(Bild: chur.ch/Statistik Standeskanzlei Graubünden)