Maienfeld, das Tor zu Graubünden, schlägt zu wenig Kapital aus dem neuen Heidi-Film – behaupten zumindest vorwitzige Unterländer.
Wenn man im Ausland weilt und anderen erklären muss, wo sich das Bündner Rheintal genau befindet, reicht ein Name: Heidi. «Ich wohne zehn Autominuten von Heidi entfernt» tönt massiv besser als «ich fahre zwei Stunden bis St. Moritz». Sofort weiss jeder, wie es vor der Haustüre aussieht, zeichnet imaginäre, schneebehangene Berge in die Gesprächslandschaft und ist vor allem eins: neidisch. Weil Heidi, das ist Idylle. Idylle mit Schafen und Ziegen und satten grünen Wiesen. Wer will da freiwillig nach Frankfurt?
Doch die Idylle hat Risse, und die spürt man vor allem im Heidi-Dorf selbst. Die Touristen wollen auf die Heidi-Alp, aber mit Chucks oder Uggs eine anderthalbstündige Wanderung, das wollen sie nicht. Angesichts des Schuhwerks verständlich. Kommt das nicht zu unterschätzende Zeitmanagement hinzug: Soviel Zeit ist im Reisebudget schlicht nicht eingeplant. Die Verantwortlichen des Heidi-Dorfs wollen darum gern weiter unten eine Heidi-Alp bauen, eine, die in fünf Minuten vom Heidi-Dorf aus mit jedwelchem Schuhwerk zu erreichen ist. Über die Umsetzung wurde mit dem Kanton noch keine Einigung erzielt, das Projekt steckt also diesbezüglich noch in den Kinderschuhen.
Dennoch pilgern seit Jahren Millionen von Touristen in das kleine Dorf mit den engen Gassen, nur um Heidi zu sehen. Lucas Hobi, der das Remake von Heidi (mit Bruno Ganz als Alp-Öhi) produziert hat, klopfte darum bei verschiedenen Organisationen um Geld an – und bekam «nur» 150 000 Franken. «Wir haben keinerlei wirtschaftliche Anreize erhalten», sagte er gegenüber dem Magazin «Frame», einer Beilage der «NZZ am Sonntag». Zum Vergleich: Der FilmFernsehFonds Bayern steckte 800 000 Euro in den Film, für den Schellen-Ursli gab es 450 000 Franken vom Kanton Graubünden.
Für das Magazin «Frame» ist der Fall damit klar: Die Bündner verpassen es, mit Heidi ein Geschäft zu machen, und das obwohl der Tourismus am Boden liegt. Michael Caflisch, Leiter Tourismusentwicklung im Amt für Tourismus und Wirtschaft Graubünden, ist klar anderer Meinung: «Aufgrund der Förderbeträge eine touristische Relevanz oder Bedeutung für Graubünden abzuleiten, erscheint mir nicht richtig. Beide Themen sind wichtig und haben Potenzial für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Graubünden», wird er in «Frame» zitiert.
Für Jürg Schmid, Direktor von Tourismus Graubünden, ist Heidi aber sehr wohl eine Figur, die Touristen anlockt. Der Film wird in Deutschland derzeit aktiv beworben. Ob die Logierzahlen damit erhöht werden können, wird die nächste Statistik zeigen.
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(Bild: Youtube)