Liebe Eidgenossinnen und Eidgenossen – ihr nervt.
Mich als Wahlbündnerin wegen Eurem Mimimi über die Wahl einer Zürcherin, mich als Eidgenossin wegen dem Rechtsrutsch-Mimimi. Ja, «wir» haben eine Zürcher Unternehmerin gewählt. Ich habe einst im Dorf ihres Vaters gewohnt; er war jahrelang dafür verantwortlich, dass ich sparen statt Steuern zahlen durfte. In einem anderen Leben, bei einer anderen Zeitung habe ich mal über die Zürcherin, die jetzt die Bündner in Bern vertritt, geschrieben. Sie war witzig, sie war fadegrad. Eigenschaften, die man nicht allen Kandidaten zuschreiben kann. Magdalena Martullo-Blocher ist eine Zürcherin im Bündnerland; sie ist Teil jenes Rechtsrutsches, der jetzt überall herbei geschrieben wird.
Meine Damen und Herren, die folgende Einschätzung ist geklaut, ich teile sie aber, nachdem ich den ganzen Tag darüber nachdenken konnte: Es ist kein Rechtsrutsch; es ist höchstens ein Rechtsrütschli. Gesamtschweizerisch prozentual gesehen. Was auch immer hier passiert, es ist im Prinzip irrelevant. Weil in Bern unten wird alles nochmals zerredet und zerpflückt. Noch nie wurde etwas so heiss gegessen, wie es gekocht wurde. Es bleibt also praktisch alles beim Alten. Dass die SVP laut und polemisch und bisweilen auch rücksichtslos ihre Interessen unter die Leute bringt, ist nicht neu. Nur schaffte es die Linke bisher nicht, ihr etwas entgegen zu setzen. Weder eine Person noch eine Wahlkampagne. Aber auch das ist nicht neu.
Das Problem sind nicht die Gewählten und die Parteien: Das Problem ist das Volk. Das Volk, das jetzt rumjammert und von Rechtsrutsch redet und HUCH! SCHLIMM! schreit und sich über eine Unternehmerin lustig macht, deren Englisch vielleicht nicht ganz so geschliffen ist wie das eines Zürcher Cüplisozialisten. Das Volk, das rumjammert, aber vergisst, dass das das Resultat von «Ich kann eh nix verändern», von «Schitt, ich hab das Couvert schon ins Altpapier geworfen» und von «Es regnet? Ich bleib liegen» ist. Wer es anders will, soll in vier Jahren den Arsch bewegen und das Wahlcouvert in die Urne werfen.
Der eigentliche Skandal ist nämlich, dass weniger als die Hälfte der Eidgenossinnen und Eidgenossen die Wahlen als wichtig genug erachteten, um mitzumachen.
(Bild: Charly Bosshard)