Der EHC Arosa ist wieder in den Schlagzeilen: Letztes Jahr noch hoffnungslos am Ende der 1.-Liga-Tabelle, dann der missglückte Versuch, am grünen Tisch in die NLB aufzusteigen. Und heute: Wie ein Phoenix der Asche erhoben siegen die Schanfigger nach einer Startniederlage vier Mal in Serie und stehen zurzeit komfortabel auf einem Playoff-Platz. GRHeute hat mit dem seit Mai amtierenden Geschäftsführer Adrian Fetscherin gesprochen.
Adrian Fetscherin ist in der Schweizer Sportszene wahrlich kein Unbekannter: Ob als Moderator bei SAT1 Schweiz, Gründer von Sportradio.ch, ehemaliger Chefredakteur von Teleclub oder als Kommunikationschef bei der Fussballern der Grasshoppers (Bild), der Zürcher hat in seiner Laufbahn im Schweizer Sport schon einiges gesehen. Seit Mai arbeitet Fetscherin als vollamtlicher Geschäftsführer des EHC Arosa, mit dem Ziel, den Klub mit seinem Team wieder in die NLB zu führen.
Adrian Fetscherin, wie fühlt es sich an, einen solchen Saisonstart hinzulegen?
Ich bin natürlich erleichtert. Es hat letzten Frühling sehr viele Überlegungen gegeben, wohin der EHC Arosa gehen soll. Wir wussten nur, dass es so nicht weitergehen kann. Das bringt niemandem was. Wir mussten was Entscheidendes ändern. Der EHC Arosa musste das Dahinsiechen hinter sich lassen.
Woran liegt es, dass es jetzt so schnell so gut läuft?
Die wichtigsten Gründe sind sicher sportlicher Natur. Wir haben praktisch ein neues Team gebildet. Wir haben grosse Anstrengungen unternommen, neue Spieler für den Klub zu begeistern und sie vom Konzept EHC Arosa zu überzeugen. Wenn wir das bei einem Spieler nicht gespürt haben, dann war er auch nicht der Richtige für uns. Wir wollten Spieler, die ambitioniert sind und alles dafür tun, den EHC Arosa wieder nach vorne zu bringen.
Wie rasch ist der Traum Aufstieg ihrer Meinung nach möglich?
Das kann man noch nicht sagen. Für den Standort Arosa ist eine gute Eishockeymannschaft und der Gang ins nationale Geschäft auf jeden Fall eine Chance. Und wichtig für den Tourismus. So wie es die letzten Jahre lief, bringt das ja niemandem was. Man darf nicht vergessen, dass Arosa früher vor allem dank dem EHC bekannt war.
Sind sie denn der Meinung, dass der freiwillige Abstieg damals ein falscher Entscheid war?
Das ist 29 Jahre her und lange vor meiner Zeit. Ich kann die Situation von damals schlicht nicht beurteilen. Offenbar sollen damals rund 200’000 Franken gefehlt haben. Stimmt das, wäre es aus heutiger Sicht schon verrückt, wenn der EHC Arosa auf Grund dieser Summe keine Zukunft mehr in der NLA hatte. Die verantwortlichen Leute damals haben aber mit Bestimmtheit alle Möglichkeiten geprüft und kamen zum Schluss, dass es nicht mehr geht.
Eindrücklich ist, dass der EHC Arosa auch fast 30 Jahre danach über eine breite Fan-Basis verfügt.
Die Fans sind das Lebenselixier des EHC Arosa. Das ist in der 1. Liga weit und breit einmalig. Es gibt immer noch fünf nationale EHC-Arosa-Fanclubs mit insgesamt 1000 Mitgliedern. Sie haben den Club durch alle Jahre hindurch getragen und gelebt. Sie sind die Lebensader und sie haben es am meisten verdient, dass dieser einmalige Club wieder gute Zeiten erfährt.
Warum diese Sympathien, weit über die Kantonsgrenzen hinaus?
Die Marke EHC Arosa ist immer noch sehr stark. Die Generation, die damals mit dem EHC Arosa mitfieberte, ist heute im mittleren Alter. Oft in guten beruflichen Funktionen mit gewissen Möglichkeiten. Der EHC Arosa ist immer noch ihr Klub der Jugend. Der Klub hatte zwar sehr schwierige Zeiten, blieb aber immer skandalfrei. Die Geschichte, wie sich der EHC Arosa wie die Gallier gegen alle Widerstände und gegen die Grossen und Mächtigen aus den wirtschaftlich starken Region auflehnt, ist faszinierend. Unterländer Arosa-Fans erinnern sich auch gerne an die Ferien in Arosa zurück, viele haben hier Skifahren gelernt. Das verbindet.
Die Nationalliga B wird von mehreren Klubs als Pleiteliga verschrieben, die vor allem viel kostet. Ist das so ein erstrebenswertes Ziel?
Das glaube ich auf jeden Fall. Natürlich gab es Klubs, die sich übernahmen. Aber diese Einzelfälle wurden Opfer der Umstände: Nehmen wir zum Beispiel den EHC Basel, der der Stadt einfach eine viel zu hohe Stadionmiete bezahlen musste. Es gibt aber auch andere Fälle: Langnau konnte in der NLB gesunden, bevor der nächste Schritt gemacht wurde. Und dann gibt es Klubs wie Olten oder Visp, die Zuschauer von 3000-6000 mobilisieren. Die NLB-Clubs sind finanziell gesünder als manche NLA-Vereine
Der gute Saisonstart ist sicher auch eine Genugtuung für Trainer Marcel Habisreutinger. Immerhin musste er fast ein ganzes Jahr auf einen Sieg warten.
Das ist sicher so. Marcel Habisreutinger hat mit dieser Mannschaft jetzt eine faire Chance. Der EHC Arosa startete vor einem Jahr mit vier Spielern ins Sommertraining. Oft musste der Trainer mit 12, 13 Spielern zu den Spielen reisen, das Team war in der 1. Liga von Beginn weg zum Scheitern verurteilt. Jetzt haben wir eine kompetitive Mannschaft. Und er ist ein waschechter Aroser, was für den EHC Arosa ein Glücksfall ist.
Und wie sieht es bei den Spielern aus. Wie identifizieren sie sich mit dem EHC?
Bis auf die wenigen Spieler, die wir von der letztjährigen Mannschaft übernommen haben und seit jeher in Chur und Umgebung wohnen und arbeiten, sind nun alle Spieler in Arosa zu Hause. Sie arbeiten auch im Dorf und geniessen ihre Freizeit in Arosa. Diese Mannschaft ist wieder eine von und aus Arosa. Die Spieler haben tagtäglich mit den Einheimischen viel Kontakt. Sie geniessen es, dieses tolle Dorf vertreten zu dürfen und sind stolz, das Trikot mit der Sonne auf der Brust tragen zu dürfen.
Seit Jahren ein Fixpunkt ist vor den Weihnachten das internationale Länderturnier ‹Arosa Challenge›. Dieses findet nur noch dieses Jahr statt. Was halten sie davon?
Der Schweizerische Eishockeyverband wollte, ohne mehr Gegenleistungen zu bieten, von Arosa Tourismus für die Durchführung plötzlich den doppelten Geldbetrag. Dafür habe ich keinerlei Verständnis. Arosa hat für die teilnehmenden Nationalmannschaften unglaublich viel gemacht und ihnen über viele Jahre ein Top-Turnier ermöglicht. Ich erachte es als Aufgabe des Verbandes, gerade Eishockeyregionen wie Arosa, die eine riesige Tradition und viel dazu beigetragen haben, dass der Eishockeysport in der Schweiz so populär ist, zu helfen und zu unterstützen. Stattdessen entzieht man ihnen den Sport und bringt ihn noch mehr in die Städte, wo das Freizeit-Angebot sowieso im Überdruss schon vorhanden ist. Ein weiteres Beispiel: Uns als EHC Arosa gibt man 10 von 11 Meisterschafts-Heimspielen an einem Mittwochabend. Wie man einen solchen Spielplan – im Wissen, dass in den Monaten September, Oktober und November ein Tourismusort nicht gerade von Menschenaufläufen überflutet wird – mit gutem Gewissen erstellen kann, ist mir ein Rätsel.
Der Saisonstart ist geglückt, am Mittwoch steht schon das Heimspiel gegen Bellinzona auf dem Programm. Aber natürlich ist Ende Monat ein Termin schon rot im Kalender angestrichen. Der 28. Oktober – das Heimspiel gegen den EHC Chur.
Es geht zwar noch zwei Wochen, aber klar, wir freuen uns jetzt schon. Ich finde es super, für den ganzen Kanton Graubünden. Es hätte für uns beide nichts Besseres passieren können als der gute Saisonstart. Wir merken, dass auch in Chur wieder über den EHC Arosa geredet wird.Die Churer haben eine ganz starke Mannschaft, und man kann sicher jetzt schon sagen, dass sie die Favoriten sein werden. Aber auf jeden Fall profitieren beide Klubs sehr, wenn wir in der Tabelle vorne mitspielen. Das Beste wäre natürlich: Arosa 1. und Chur 2.
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(Bilder: Facebook/Adrian Fetscherin – GC: EQ Images/Melanie Duchene – Arosa Challenge: EQ Images/Pascal Müller)