Fast schon rekordverdächtig hört es sich an, wenn Graubünden jeweils seine Arbeitsmarktstatistik präsentiert. Gestern war es wieder mal soweit und das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit publizierte die neuesten Zahlen.
1.3% betrug die Arbeitslosenquote im Monat August. In Zeiten, wo europäische Südstaaten 50% und mehr Jugendarbeitslosigkeit verzeichnen, wahrlich ein gutes Ergebnis. Dennoch lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen, denn die Aussichten sind nicht nur rosig.
Gegenüber dem Vormonat ist die Arbeitslosenzahl in Graubünden um 40 auf 1‘464 Arbeitslose gesunken. Zusätzlich wurden 1‘416 nichtarbeitslose Stellensuchende registriert. Zu dieser Gruppe zählen Personen, die an Weiterbildungs- und Beschäftigungsmassnahmen teilnehmen, im Zwischenverdienst arbeiten sowie jene, die lediglich Vermittlungsdienstleistungen der regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) in Anspruch nehmen. Diese Gruppe erscheint nicht in der offiziellen Arbeitslosenquote. Rechnet man diese mit ein, so beträgt die Quote immer noch sehr tiefe 2.6%.
Auch Jugendarbeitslosigkeit nimmt zu
Traditionell am stärksten betroffen sind in Graubünden Berufe:
- im Gastgewerbe und der Hauswirtschaft (303 Arbeitslose)
- im Handel und Verkauf (197)
- im Baugewerbe (111)
- in kaufmännischen und administrativen Bereichen (99).
Zugenommen hat die Jugendarbeitslosigkeit, nämlich von 184 im Juli auf 245 (1.6%) arbeitslose Junge im August. Dieser Wert ist aber im August immer höher, weil viele Jugendliche nach ihrer Berufslehre auf den Arbeitsmarkt drängen und oftmals nicht sofort eine Anstellung finden.
321 neue Stellensuchende
Trotzdem sind die „guten“ Zahlen in Graubünden trügerisch. Vergleicht man die Arbeitslosenzahlen nämlich nicht mit dem Vormonat, sondern dem vergleichbareren August des Vorjahres, so sieht das Bild anders aus. Die Arbeitslosenzahl hat in diesem Vergleich um 167 Personen und die Gesamtzahl der Stellensuchenden um 321 Personen zugenommen und man muss zurück bis in die Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2009, bis man eine höhere Arbeitslosenzahl im August antrifft.
Bei den drei hauptbetroffenen Branchen ist der Zuwachs der Stellensuchenden (Arbeitslose und nichtarbeitslose Stellensuchende) denn auch am höchsten: Im Gastgewerbe und der Hauswirtschaft sind das gegenüber August des Vorjahres +111 Personen, im Baugewerbe +70 Personen und im Handel und Verkauf +66 Personen.
Bau und Tourismus unter Druck
Die rückläufige Nachfrage im Zweitwohnungsbereich und die damit verbundenen tieferen Auftragseingänge im 1. Quartal 2015 (-12.7%) versprechen keine gute Entwicklung in der Baubranche. Auch im Tourismus rechnet das Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden in seiner Konjunkturprognose vom August 2015 mit einem Rückgang der Logiernächte um 5.5%. In diesen beiden Branchen ist denn auch zu befürchten, dass die Arbeitslosenquote im zweiten Halbjahr weiter steigen wird.
Immerhin ist der Euro zum Franken gestern zum ersten Mal seit Wegfall des Mindestkurses auf über 1.09 geklettert und nähert sich der von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf als verkraftbare Grösse bezeichneten 1.10.
(Symbolbild: Pixabay.com)